Spielmobil lässt Kinderaugen leuchten

Spiel-und Coachingmobil bringt Weihnachtsfreude zu geflüchteten Kindern in Berlin

Autor: Iris Manner
Fotos: Deborah Ruppert, Iris Manner

Abgeschirmt vom Verkehr, der durch das Industriegebiet in Berlin-Lichtenberg braust,  läuft und hüpft eine ausgelassene Kinderschar in den Innenhof , als das Spielmobil einfährt. Zeit für Spaß und Abwechslung vom Alltag im Flüchtlingsheim verheißt der bunt bedruckte Transporter, den World Vision auf die Reise geschickt hat.  Einige Mädchen und Jungen wissen schon mehr: an diesem Tag, dem 15. Dezember, wird es ein kleines Weihnachtsfest mit Gästen geben, für manche von ihnen die erste Weihnachtsfeier ihres Lebens. In ihrer neuen Heimat Deutschland.

World Vision Spielmobil Berlin - Mädchen aus Syrien schmückt Weihnachtsbaum

Yusra* aus Syrien (*Name aus Kinderschutzgründen geändert) ist von ihren Eltern für dieses besondere Ereignis mit roter Zipfelmütze und rotem Kleid ausgestattet worden, und sie scheint es zu genießen, damit aufzufallen. Fröhlich- selbstbewusst stellt sie sich ganz nach vorne, als Spielmobil-Leiter Philipp Thomas die Kinder zum Liedersingen zusammentrommelt.  Zuerst wippt Yusra nur zur Musik, aber dann singt sie mit den größeren Mädchen und Jungen mit. Die deutschen Worte gehen den Kindern erstaunlich leicht über die Lippen. Schließlich fordert einer der älteren Jungen sogar eine Zugabe: „Alle Jahre wieder“.

World Vision Spielmobil in Berlin - geflüchtete Kinder singen

Mit dem Schwungtuch und mit Luftballons dürfen sich die Kinder warm spielen. Davon können sie trotz des Winterwetters kaum genug bekommen, aber dann lassen sie sich doch darauf ein, im Kinderspielraum des Flüchtlingsheims zu basteln und einen Weihnachtsbaum zu schmücken.

„Das sind schöne Bräuche“, sagt die Mutter eines Mädchens aus Afghanistan. Sie findet es richtig und wichtig, ihrem Kind die Kultur des Landes nahe zu bringen, in dem es – wie sie hofft, eine bessere Zukunftsperspektive hat als in Afghanistan. Die Freiheit zur Ausübung ihrer Religion hätten sie ja trotzdem. Sie freut sich offenbar auch über das Bastelangebot und greift selbst zu Papier und Schere, um einen Weihnachtsstern zu basteln.  

World vision Spielmobil Berlin Spiel mit Schwungtuch

Konzept: Selbstbewusstsein und soziale Kompetenzen stärken

Kulturverbindend wirkt das „Spiel-und Coachingmobil“ fast nebenbei. Sein Hauptauftrag besteht darin, den durch Krieg, Terror und Fluchterfahrungen erschütterten Kindern ein Stück Kindheit zurück zu geben.  Dazu verhelfen Materialien zum freien Spielen und für kreative Aktivitäten wie Malen, Basteln, musizieren und Tanzen, wie World Vision sie auch für Kinderbetreuungszentren in Krisengebieten seit Jahren bereit stellt. 

World Vision Spielmobil blu:box Berlin
"Wir freuen uns unsere internationalen Erfahrungen hier für geflüchtete Kinder einbringen zu können. blu:box ist der richtige Partner, um eine gute Integration dieser Kinder zu unterstützen."

„Zeig‘ was in dir steckt“, lautet daher auch das Motto des „Spiel-und Coachingmobils“.  Es ermutigt die geflüchteten Kinder und Jugendlichen stärken-orientiert Neues zu entdecken: sowohl im Umgang mit der neuen Sprache, als auch mit kreativ-künstlerischen Aktivitäten und im sozialen Miteinander.  Seit Oktober kommt das Team von blu:boks mit dem Mobil regelmäßig zu Erstaufnahme-Einrichtungen und Gemeinschaftsunterkünften.  Das Angebot dort wird eng mit den Trägern der Einrichtungen abgestimmt, in Lichtenberg zum Beispiel mit der AWO.

World Vision Spielmobil geflüchtete Kinder Luftballon
World Vision Spielmobil awo Berlin Kinderbetreuung Flüchtlingskinder

Rund 500 Flüchtlinge sind in Lichtenberg in einem großen Gebäudekomplex untergebracht, der jahrelang leer stand. Die Mehrzahl der Bewohner kommt aus Syrien, Afghanistan und Irak. Eigentlich sollte ihr provisorisches Leben in der Unterkunft nur einige Monate dauern, aber es ist schwierig in Berlin eine bezahlbare Wohnung zu finden, und so leben viele der Kinder und Familien schon seit einem Jahr oder länger dort. Auch wenn die Verhältnisse besser sind als in den in Berlin auch noch existierenden Notunterkünften: Das Zusammenleben mit vielen anderen Menschen auf engem Raum erhöht für Eltern und Kinder den Stress, den das Leben in der Fremde, die Bürokratie, der Aufbau einer neuen Existenz und nicht zuletzt die Trennung von Familien ohnehin mit sich bringt. Sinje Kätsch (2. Bild oben) kümmert sich im Auftrag der awo um die alltäglichen Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen. 

Christoph Waffenschmidt von World Vision spricht mit Mädchen aus Aleppo in Flüchtlingsunterkunft in Berlin

Das Geschehen in der Heimat verfolgt die Kinder obendrein wie ein Schatten:  für die 12jährige Hasra ist es zum Beispiel durch die Sorge um den Vater in Aleppo immer präsent.  Andere Verwandte und Freunde sind ebenfalls auf der Flucht oder tot. 

Manchmal merkt man den Kindern ihre Belastungen während eines Spiels an:  wenn es zu wenig Luftballons gibt oder der Glitzerschmuck beim Basteln ausgeht, fließen schnell die Tränen.  Und die Betreuer müssen sehr aufpassen, dass alle Kinder gerecht behandelt und gleich behandelt werden, denn sie spüren sehr genau, welche Ungleichbehandlungen sie im Asylverfahren erleben.  Genauso offenbaren sich beim Spiel aber auch die Talente und seelischen Kräfte der Kinder. Sie wollen uns zeigen was sie können. Sie helfen sich gegenseitig. Sie suchen aktiv den Kontakt zu uns und fragen jedes Mal wann wir wieder kommen. Mich fasziniert und beglückt das bei jedem Einsatz, den ich miterlebe.

 

 

Spielmobil Berlin World Vision Tanz-Workschop für geflüchtete Kinder