Melanie Assauer, Referentin für Humanitäre Hilfe bei World Vision, berichtet über die Zustände in einem Flüchtlingslager im Kongo.
An einem milden Samstagabend im Mai kam die Katastrophe über die ostkongolesische Millionenstadt Goma: Der Vulkan Mount Nyiragongo brach aus und seine Lava näherte sich bedrohlich der Stadt. In den Folgetagen kam es zu Erdbeben und Risse am Rand des Vulkans drohten weitere Lava freizusetzen. Über 400.000 Menschen flüchteten, ließen Häuser und Felder zurück, konnten oft nur das retten, was sie am Leibe trugen. Die Lava vernichtete mehrere Wohngebiete am Rande Gomas, doch glücklicherweise stoppte der Strom noch vor dem Stadtzentrum. Katastrophal ist die Lage trotzdem. Denn noch immer leben tausende Menschen in einem provisorisch errichteten Flüchtlingslager. Sie werden dort zwar notdürftig versorgt, doch die Lebensumstände sind erbärmlich, wie unsere Kollegin Melanie Assauer bei ihrem Hilfseinsatz vor Ort erfuhr:
Katastrophale Zustände im Flüchtlingslager
„Zusammen mit einigen Kolleginnen und Kollegen unseres Büros in Goma bekommen wir nach hohem bürokratischen Aufwand die Erlaubnis, das Camp zu besuchen. Das Lager wird vom Militär überwacht und streng kontrolliert. Nach einer kurzen Fahrt erreichen wir das Camp und uns bietet sich ein unsäglich erschütternder, deprimierender Anblick. Die Menschen hausen in selbstgebauten Unterkünften aus Planen, meist nicht mehr als 4qm groß. Diese Behausungen sind Obdach und Schlafstelle für fünfköpfige Familien, bei Regen und Nachtemperaturen um die 15 Grad. Es gibt 18 Toiletten für ca. 2.500 Menschen. Ein brüchiges Schulgebäude dient tagsüber für den ‚Unterricht‘ und nachts als Schlafstelle. Der Vorplatz dieses Gebäudes fungiert als Wasserverteilungsstelle, wo vornehmlich Kinder im Matsch des durchweichten Erdbodens anstehen, um die gelben Kanister mit geliefertem Wasser aus dem nahen Kivusee zu füllen. Inmitten des Platzes steht ein kleines Zelt, welches für psychosoziale Betreuung gedacht ist und wenig Raum für eine anonyme und halbwegs ruhige Atmosphäre bietet. Der Geruch von Müll und Fäkalien lässt mich dankbar meine Maske tragen, aber ich verweile auch nur zwei Stunden im Camp – andere sind seit zwei Monaten hier.
Auch wenn sich die Regierung schwertut, die Anzahl der Menschen den zerstörten Häusern zuzuordnen, kann man davon ausgehen, dass sich in diesem Camp auch Menschen aufhalten, deren Häuser unbeschädigt blieben. Warum bleiben die Menschen hier? In dieser trostlosen Umgebung? Viele haben Angst, sie könnten sich in ihren Häusern bei einem weiteren Ausbruch oder Erdbeben wieder in Lebensgefahr begeben. Andere hoffen, durch ihre Anwesenheit im Camp Nothilfeleistungen zu erhalten. Ihre Felder sind zerstört und damit auch ihre Lebensgrundlage.