11.12.2025

Lernen geht durch den Magen

Kinder wollen gesundes Schulessen für Alle

Autor: IManner

Mit einem guten Frühstück im Bauch und einem ordentlichen Pausen-Snack in der Tasche ist ein Essensangebot in der Schule vielleicht "nice to have", aber Millionen Kinder gehen hungrig in die Schule. Ihnen fehlt die Kraft und Konzentration zum Lernen - so gerne sie auch etwas lernen möchten. Armut, Krisen und steigende Lebensmittelpreise machen es einer wachsenden Zahl von Familien schwer, die Bildung ihrer Kinder durch eine gute Ernährung zu fördern. Für manche Kinder sind Schulmahlzeiten deshalb lebenswichtig. Dennoch hat weltweit nur die Hälfte aller Grundschüler Zugang zu einer Schulmahlzeit, und gerade dort, wo der Bedarf am höchsten ist, gibt es besonders große Lücken in der Versorgung. World Vision setzt sich dafür ein, dass alle Schulkinder durch ein solches Angebot gesund und bereit zum Lernen sind.

In rund 40 Ländern leistet World Vision Unterstützung oder Überzeugungsarbeit bei Regierungen, damit mehr in täglich verfügbare und gesunde Schulmahlzeiten investiert wird. Erfreulicherweise wächst das Bewusstsein dafür, dass Schulmahlzeiten keine Notlösung, sondern eine strategische Investition in Humankapital (Gesundheit, Bildung, soziale Kompetenz und Wirtschaftskraft) sind. Wir wissen heute, dass sich ihre Vorteile auf alle Lebensbereiche der Kinder erstrecken und über das Klassenzimmer hinausreichen. Es ist aber breites Engagement nötig, um trotz knapper lokaler Ressourcen und schrumpfender Entwicklungshilfe-Etats erfolgreiche Programme ausweiten und absichern zu können. 

Eine wichtige Voraussetzung für Fortschritte liegt eigentlich auf der Hand und wird trotzdem in den meisten Ländern zu wenig beachtet: Kinder und Jugendliche müssen an der Planung von Schulernährung beteiligt werden. Sie kennen ihre eigene Realität besser als Erwachsene. Es ist zudem ihr gutes Recht, als Hauptbetroffene ihre Sicht einbringen zu können. Mit der von Kindern durchgeführten Studie "Our Meals, our Voice" konnte World Vision einen wichtigen Impuls in diese Richtung setzen, als die "School Meals Coalition" mit über 100 angeschlossenen Regierungen im September den zweiten Weltgipfel für Schulmahlzeiten ausrichtete. Dort stellte die 14jährige Schulsprecherin Davila aus Brasilien die Forschungsergebnisse der Kinder und ihre Forderungen bzw. Empfehlungen vor. Davila erklärte dem aufmerksamen Publikum: "Wir wollen gehört werden, weil wir wissen was wir brauchen. Es geht um unsere Gesundheit und Bildung."

 

Ein Grundschüler aus dem südlichen Afrika freut sich über seinen Porridge in der Schule.
Ein Kind aus Malawi wird von einer Jugendichen zu seinen Erfahrungen mit Schulmahlzeiten befragt
World_Vision Kinderstudie zu Schulmahlzeiten: Befragung von Kindern in Kambodscha
Kinderstudie zu Schulmahlzeiten: Unterricht in Brasilien
Für die 15jährige Faith aus Kenia ist das Schulessen oft die einzige nahrhafte Mahlzeit am Tag

Kinder sagen: Schulmahlzeiten unterstützen das Lernen und verringern soziale Benachteiligung


An der Forschungsarbeit haben sich mehr als 1300 Kinder und Jugendlichen aus sehr unterschiedlichen Kontexten beteiligt: sie kommen aus städtischen Gebieten in Brasilien, über Bergregionen in Peru bis zu ländlichen Regionen in Simbabwe. Sie haben recherchiert, andere Kinder befragt und mit eigenen Worten beschrieben wie verfügbar und gerecht verteilt Schulmahlzeiten sind, was sie für sie bedeuten und wo sie Verbesserungsbedarf sehen. "Unsere Erfahrungen sind vielleicht unspektakulär, aber für uns sehr bedeutsam", sagt die 15jährige Mitautorin Giselle im Vorwort der Studie. 

Die Ergebnisse der Studie machen deutlich: eine große Mehrheit der Kinder weiß eine gesicherte Mahlzeit in der Schule sehr zu schätzen und vermisst sie, wo diese nicht oder nur manchmal vorhanden ist. 
Über alle Kontexte hinweg sagten 70 bis 90 Prozent der Kinder aus, dass die Mahlzeiten ihnen Energie geben und ihnen helfen, sich im Unterricht besser zu konzentrieren. Manche sagten unumwunden, dass das Essensangebot eine große Motivation für den Schulbesuch sei. Die fünfjährige Berta aus Malawi machte es am Porridge fest:  "Wenn wir keinen Porridge mehr bekommen, können wir dem (Vorschul-)Unterricht nicht mehr folgen und werden bald nicht mehr zur Schule kommen." 

In Kambodscha und Peru sorgten Schulmahlzeiten dafür, dass mehr Kinder die Schule besuchten; außerdem erwähnten viele Kinder, dass ein kostenloses Schulessen die Familien finanziell entlastet. Sehr aufmerksam nehmen die Kinder auch soziale Benachteiligungen wahr - Schulmahlzeiten verringern diese nach ihrer Erfahrung.   Kinder aus Kambodscha empfinden es auch als sicherer in der Schule zu essen, statt Essen auf der Straße einzukaufen. 


Wo Schulessen nicht verlässlich oder mangelhaft ist, bleiben Barrieren für Bildung
 

Annähernd 60 Prozent der befragten Kinder sind insgesamt mit dem Schulessen zufrieden, aber Probleme der vorhandenen Verpflegung wurden angesprochen und analysiert. Dabei standen in manchen Ländern Lücken in der Versorgung, in anderen Mängel bei der Qualität im Vordergrund. Es wurde oft kritisiert, dass das Schulessen zu eintönig sei oder dass die Schulkantine bzw. Schulküche nicht sauber genug sei. 
In Afrika wurde häufiger beobachtet als in Asien oder Lateinamerika, dass es nur an manchen Tagen ein Schulessen gibt und man nicht sicher sein kann, ob selbst das eingeschränkte Angebot auch in nächster Zeit noch bestehen wird. Und selbst dort, wo es vorhanden ist, werden Schüler und Schülerinnen aus Simbabwe durch die Portionen nicht satt. Sie beschreiben eindrücklich die Folgen der mangelhaften Versorgung:  Müdigkeit, Hunger und Ausgrenzung. 

Die teilnehmenden Kinder blieben aber nicht bei den Problemen stehen, denn sie sehen Möglichkeiten der Verbesserung und wollen dazu beitragen.

Davila zu World Vision-Studie von Kindern zu Schulmahlzeiten
Davila aus Brasilien: "Wir wissen was wir brauchen."
Auf verschiedenen Kontinenten habe ich die stille Kraft einer Schulmahlzeit erlebt. Sie ist mehr als nur Nahrung, sie ist ein Versprechen. Ein Versprechen, dass ein Kind morgen wieder zur Schule kommt. Ein Versprechen, dass Eltern eine Sorge weniger haben. Ein Versprechen, dass Bildung, Würde und Hoffnung weiterhin in Reichweite sind.
Mary Njeri, Direktorin für Schulspeisungsprogramme, World Vision International
Kinder aus Tansania beteiligen sich an der Zubereitung von Schulmahlzeiten
Schulkinder in Tansania verarbeiten selbst gezogenes Gemüse für ihre Schulmahlzeit.
Handwaschstation mit Wassereimer an einer Schule
Auch eine einfache Handwaschstation unterstützt Hygiene beim Schulessen.

Bei den Wünschen für die Zukunft zeigt sich ein bemerkenswertes Bewusstsein für Merkmale einer hochwertigen und gesunden Ernährung: insgesamt werden abwechslungsreiche, frisch zubereitete Mahlzeiten mit Zutaten aus der Region bevorzugt. Entsprechend wünschen sich viele Kinder mehr Vielfalt und machen dabei auch Vorschläge, wie wies trotz begrenzter Finanzmittel erreicht werden könnte: etwa durch Schulgärten, größere Beteiligung der Eltern oder Kommunen oder auch Kooperationen mit Landwirten.

Das Fazit der jungen Forscher aus Guatemala bezieht auch den Umgang mit Kindern bei der Austeilung des Essens als Grund für hohe oder weniger hohe Akzeptanz mit ein: „Schulmahlzeiten spielen eine große Rolle in unserem Leben – sie beeinflussen unser Wohlbefinden, unser Lernverhalten und unsere Entwicklung. Wir wünschen uns Essen, das uns Energie gibt, unsere Gesundheit fördert und uns hilft, uns im Unterricht zu konzentrieren. Es sollte frisch, lecker und respektvoll serviert sein.“

Was überall hervorsticht: ein Großteil der Kinder wäre an Entscheidungen zu Schulmahlzeiten gerne beteiligt und hofft, mit eigenen Ideen zu einer positiven Veränderung beitragen zu können. Wo dies bereits ansatzweise möglich ist, sind die Kinder stolz auf ihre Schule.

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