Wer hat nicht schon einmal davon geträumt – von einem besseren Leben? Für Millionen Kinder und Familien weltweit geht es dabei jedoch nicht um Wohlstand, sondern um elementare Grundbedürfnisse: essen, trinken, medizinische Versorgung. World Vision startet Hilfsprojekte, um Kindern ein Leben mit Zukunft zu ermöglichen. Wir haben den Verlauf unserer Projekte von Anfang bis Ende nachgezeichnet: von der Datenerhebung zur Planung des Projektes, der Durchführung, der Evaluation bis hin zur Übergabe an die Dorfgemeinschaften.
1. Datenerhebung: Basis für die Bestimmung von Projektregionen
Bevor sich World Vision für ein Projekt entscheidet, untersuchen unsere Kolleginnen und Kollegen vor Ort in verschiedenen Regionen, wie hoch die Zahl der besonders bedürftigen Kinder in den jeweiligen Gebieten ist. Wie viele Kinder sind unterernährt? Wie viele haben keinen Zugang zu medizinischer Versorgung und sauberem Trinkwasser? Wie viele Kinder können in der sechsten Klasse noch nicht lesen und schreiben? Wir nennen das die Phase der Datenerhebung. Anhand der Daten entscheiden wir uns für eine Projektregion. Dabei überprüfen wir auch, ob es in der Region lokale Hilfsorganisationen oder Regierungen gibt, die mit uns zusammenarbeiten und sich langfristig für die gemeinsamen Ziele einsetzen wollen.
So auch in Honduras. Hier, am Fluss Hato, kämpft Mutter Johanna mit ihren Kräften. Jeden Tag muss sie morgens, mittags und abends vier Kilometer zum Flussufer laufen, um Wasser für die Familie zu holen. Ärztin Dr. Zulema Lopez erzählte World Vision-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeitern, die die Situation vor Ort analysieren, dass das Wasser die Menschen in der Umgebung krank mache. Jetzt hat World Vision große Pläne in der Region: „Wir wollen allen Menschen hier Zugang zu sauberem Trinkwasser ermöglichen“, sagt World Vision-Mitarbeiter Javier.
2. Planungsphase: Projektziele werden formuliert
Im zweiten Schritt, der Projektplanung, werden gemeinsam mit der lokalen Regierung, den Behörden und den Menschen vor Ort konkrete Maßnahmen und Ziele formuliert, um das Leben der Kinder und ihrer Familien Schritt für Schritt zu verbessern. Zu diesen Maßnahmen gehört zum Beispiel, dass wir die Kleinbäuerinnen und -bauern darin schulen, wie sie mit nachhaltigen Anbaumethoden mehr ernten können. Außerdem ist der Bau von neuen oder die Sanierung von bestehenden Gesundheitsstationen vorgesehen, die mit Geräten und Medikamenten ausgestattet werden. Die Kinder sollen regelmäßig medizinisch untersucht werden, Mütter Schulungen über ausgewogene Ernährung erhalten, Grundschulen saniert und Schulmaterialien angeschafft werden. Außerdem gründen wir Lese- und Kinderklubs, bilden Lehrkräfte fort und sorgen dafür, dass die Kinder Kindergärten oder Vorschulen besuchen können.
Das Leben von Rachna aus Kambodscha wird sich dank World Vision verbessern. In einem von World Vision geplanten Leseklub möchte sie lernen, spannende Märchen in ihrer Muttersprache zu lesen. Zudem soll es einen Lesebus geben, der einmal die Woche die Dörfer anfährt und neues Lesematerial, Lernvideos und Spiele vorbeibringt. Rachna und ihre Freundinnen und Freunde freuen sich sehr darauf. „Wenn ich groß bin, möchte ich Lehrerin werden und anderen Kindern das Lesen beibringen“, so Rachna.
Auch im Bereich Ernährung planen wir zu Projektbeginn Schritte, die auf die Situation vor Ort angepasst sind. In unserem Beispiel überlegt World Vision-Mitarbeiter Kondwani Chapotera gemeinsam mit Landwirtin Ireen aus Malawi, wie sie ihre Ernte verbessern kann. Mögliche Maßnahmen, die die beiden besprechen, beinhalten nachhaltige Anbaumethoden für eine effektivere Nutzung des Bodens. Ireen ist sehr fleißig. Sie möchte gemeinsam mit World Vision die Situation der Bäuerinnen und Bauern vor Ort verbessern und die Erträge auf dem Markt gewinnbringend verkaufen.
Früher hat jeder für sich gearbeitet. In der Zukunft ziehen wir hoffentlich alle an einem Strang.
Ein erklärtes Ziel bei der Projektplanung ist auch, dass Kinder gesund aufwachsen. Dafür arbeiten wir gemeinsam mit den Dorfbewohnerinnen und -bewohnern an guten Lösungen. So wie mit der 43-jährigen Gertrude aus Simbabwe. Sie hat eine harte Zeit hinter sich. Ihre Familie lebte in Armut und wenn ihr Ehemann mal nach Hause kam, dann stritten sie sich. World Vision beschloss gemeinsam mit der Dorfgemeinschaft, lokale Gesundheitshelferinnen und -helfer auszubilden, die werdende Mütter schon während der Schwangerschaft begleiten und ihnen in den ersten Lebensmonaten bei der Versorgung ihrer Kinder zur Seite stehen sollten. Gertrude wurde eine dieser Gesundheitshelferinnen und kümmert sich nun mit ganzem Herzen um die Babys in ihrem Dorf.
3. Durchführung: Patenschaften verbessern das Leben der Kinder vor Ort
Im Anschluss an die Planung beginnt die Phase der Projektarbeit. Damit wir unsere Maßnahmen umsetzen können, suchen wir Patinnen und Paten für die Kinder aus. Zuerst nehmen wir die bedürftigsten Kinder im Alter bis zwölf Jahre in das Patenschaftsprogramm auf. Welche Kinder das sind, wird gemeinsam mit den Menschen in den Dörfern entschieden. Dazu gehören Mädchen und Jungen aus unterschiedlichen Volksgruppen sowie Kinder mit Behinderung und Halbwaisen. Oft geben diese Kinder wiederum selbst wichtige Hinweise, welche anderen Kinder besonders dringend Hilfe benötigen.
Gerade zu Beginn können wir in einem Projektgebiet, das häufig so groß ist wie ein Landkreis in Deutschland, nicht überall gleichzeitig helfen. Stattdessen binden wir die einzelnen Dörfer nach und nach in unsere Projektarbeit ein und nehmen im Lauf der Jahre weitere Kinder in unser Patenschaftsprogramm auf. World Vision-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter überprüfen regelmäßig, ob die Maßnahmen richtig umgesetzt und die uns anvertrauten Spenden unserer Patinnen und Paten so wirkungsvoll wie möglich eingesetzt werden.
Durch die Patenschaft haben bedürftige Kinder Hoffnung auf eine bessere Zukunft. So wie die kleine Fahema aus Bangladesch. Sie wurde gerade in das Patenschaftsprogramm von World Vision aufgenommen. Ihre Familie hat eine harte Zeit hinter sich. Ihr Vater erholt sich von einem schweren Schädel-Hirn-Trauma und ist arbeitsunfähig. Die Familie bangt jeden Tag, ob sie genügend Nahrung aufbringen kann. Monowara, Fahemas Mutter sagt: „Die Buchstaben als Zeichen der Patenschaft musste ich einfach an unserer Hauswand anbringen. Sie werden mein Leben verändern.“
Meine Tochter wird in die Schule gehen können. Sie wird rechnen und schreiben lernen. Ich habe noch nicht die Kraft mir Großes auszumalen, aber alles wird gut werden.
4. Evaluation: Maßnahmen werden überprüft und angepasst
Nach etwa fünf Jahren führen wir eine Evaluation unserer Arbeit durch. Gemeinsam mit den Familien und lokalen Behörden in den Projektgebieten überlegen wir, was wir im weiteren Projektverlauf noch besser machen können. Außerdem überprüfen wir, ob es auch im Umfeld des Projekts Veränderungen gegeben hat: Gibt es eine neue Regierung, neue Gesetze oder Probleme wie Dürren oder Überschwemmungen? Die Ergebnisse der Evaluation zeigen uns, wie wirkungsvoll unsere Arbeit war und ob es den Kindern und ihren Familien wirklich besser geht.
Richard ist World Vision-Mitarbeiter und in Simbabwe für die Evaluation zuständig. Er wollte schon als kleiner Junge Menschen helfen und etwas bewegen. Heute überprüft er die Wirksamkeit der Maßnahmen in den World Vision-Projekten. Jeden Tag sieht er die positiven Veränderungen und ist stolz darauf, mit dafür verantwortlich zu sein.
5. Übergabe: World Vision übergibt die Projekte an die Dorfgemeinschaft
Wenn sich nach etwa zehn bis zwölf Jahren abzeichnet, dass unsere Arbeit in einem Projektgebiet Früchte trägt, also wenn z. B. die Ernten steigen, die Kinder besser ernährt sind oder mehr Kinder zur Schule gehen und ihren Abschluss machen, wird sich World Vision nach und nach aus der Region zurückziehen und das Projekt in die Hände der Familien übergeben.
Während die Kinder mit ihren Familien vor Ort positiv in die Zukunft blicken, heißt es für einige Patinnen und Paten, Abschied vom Patenkind zu nehmen. Über ihre Hilfe freut sich dann ein anderes Kind, das in einem unserer Projektgebiete noch von einem besseren Leben träumt.
Erfolgsgeschichten wie die von Geovanny aus Guatemala bestärken uns immer wieder in unserer Arbeit. Er war erst zehn Jahre alt, als er Patenkind wurde. Seine Eltern waren einfache Leute und mussten hart arbeiten, um das Überleben der Familie zu sichern. Als Geovanny ihnen erzählte, dass er gerne in die von World Vision betriebene Musikschule gehen wolle, waren sie zuerst dagegen, aber Geovanny hörte nicht auf zu fragen. Als er das erste Mal eine Flöte in der Hand hielt, wusste er, dass die Musik sein Leben verändern sollte.
Als die wirtschaftliche Situation der Eltern immer prekärer wurde, brach Geovanny die Schule ab und begann als Schreiner zu arbeiten. Er konnte die Musik aber nicht vergessen. Sein Lehrer aus der Musikschule ermutigte ihn, die Schule und die Musik nicht aufzugeben. Heute baut er seine eigenen Instrumente und hilft den Kindern in seiner Region, ihre Träume zu verwirklichen.