Südsudan Lebensmittelverteilung

World Vision: G7 leiden unter Kurzsichtigkeit

Die Ergebnisse des Gipfels bieten keine langfristigen Perspektiven

Friedrichsdorf/Elmau, 28.06.2022

Die internationale Kinderhilfsorganisation World Vision hält die Ergebnisse des G7-Gipfels in Elmau bei weitem nicht für ausreichend. Unter dem Druck des Ukrainekrieges und der wachsenden Konkurrenz durch China hätten sich die G7 zwar schnell und umfassend auf einzelne Maßnahmen einigen können. Dabei ging es allerdings vor allem um den Schutz ihrer eigenen Interessen, so World Vision. 

Geht es aber um die langfristige Entwicklung, um eine nachhaltige Beendigung der Hungerkrise und den Kampf gegen den Klimawandel, spielten nationale Egoismen und kurzfristige Erfolge wieder eine dominante Rolle.

Fiona Uellendahl, Ernährungsexpertin bei World Vision: „Die G7 müssen endlich weg vom spontanen und letztendlich kostspieligen Aktionismus hin zu nachhaltigen Konzepten. Die “Globale Allianz zur Ernährungssicherung” allein wird nicht reichen, um die Hungerkrise zu beenden. Dafür ist sie zu einseitig auf kurzfristige Hilfe angelegt, statt die grundlegenden Ursachen von Hunger anzugehen und nachhaltig die Landwirtschaft in ärmeren Ländern zu reformieren. Zudem sind die von den G7 zugsagten 4,5 Milliarden US-Dollar nur ein Tropfen auf den heißen Stein, um auch nur die akute Krise zu bekämpfen.“

World Vision ist zudem sehr besorgt über die wachsende Tendenz, Hilfsgelder zu Gunsten der Ukraine-Hilfe aus anderen Krisengebieten abzuziehen.

Marwin Meier, Fluchtexperte von World Vision: “Den Opfern des Ukraine-Konflikts muss geholfen werden. Ihnen muss selbstverständlich Schutz gewährt werden. Aber dieser Krisenherd darf auf gar keinen Fall die schutzbedürftigen Kinder und ihre Familien im Jemen, in Venezuela oder Cox Bazaar benachteiligen. Wir sehen schon jetzt klare Anzeichen für ein Umwidmen der Hilfsgelder für andere Katastrophen. Die G7 dürfen jedoch nicht den Ukrainekonflikt zum Geldmagneten für humanitäre Finanzströme werden lassen und Kinder auf der Flucht in anderen Krisenherden ohne Unterstützung zurücklassen.”

Auch die von den G7 und EU beschlossene Infrastruktur-Initiative lasse zu viele wichtige Aspekte und vor allem die ärmsten Länder außer Acht. Bei dem Investitionsprogramm gäbe es nur einen klaren Grundgedanken: China zu trotzen und dabei selbst für aufstrebende Länder politisch und wirtschaftlich attraktiver zu werden.

Dirk Bathe, Medienreferent von World Vision: „Es fehlt eine klare Linie, welche Investitionen gefördert werden sollen. Erneuerbare Energien? Oder doch der Abbau fossiler Energieträger? Und wie sehen die Finanzierungskonditionen aus?“ Außerdem, so Bathe, spielten Aspekte wie Menschenrechte und Stand der Demokratie in den jeweiligen Zielländern offenbar gar keine Rolle mehr. Bathe: „Die G7 und die EU geben ihren Anspruch auf eine Wertegemeinschaft schlichtweg auf.“

Positiv bewertet die Kinderhilfsorganisation die geplanten Investitionen der G7-Länder in den Umbau der Wirtschaft hin zu einer „grünen Industrie“ und das Festhalten der Staaten an bereits beschlossenen Klimazielen, darunter die Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad. 

Kritisch sieht World Vision die zu späte Veröffentlichung des Rechenschaftsberichts der G7. Zwar sei eine Kontrolle der gemachten Versprechen grundsätzlich zu begrüßen, aber ohne die Möglichkeit einer Reaktion vor dem Gipfel sei dies vor allem eine Nebelwand, die schon gemachte, aber verfehlte Zusagen in 300 Seiten Bleiwüste verstecke. 

World Vision International zu den Ergebnissen des G7-Gipfels: Vulnerable children will suffer from G7 leaders’ tunnel vision