So verhindern wir Kinderehen

Präventionsprojekt in Afghanistan

Karte Afghanistan

In Afghanistan sind Mädchen das Eigentum ihrer Väter – so will es die Tradition. Sie werden wie Waren gehandelt und oft in jüngsten Jahren verheiratet. Dabei schreibt das Gesetz vor, dass sie die Ehemündigkeit erst mit 16 Jahren erlangen.

Mädchen, die zwangs- oder frühverheiratet werden, erleiden in den meisten Fällen häusliche Gewalt und gesundheitliche Komplikationen durch frühe Schwangerschaften. Uralte kulturelle und gesellschaftliche Normen, Analphabetismus, mangelndes Bewusstsein über die eigenen Rechte und eine schwache Durchsetzung der Gesetze verstärken ihre Verletzlichkeit. Sie leiden unter Depressionen; Selbstmord wird oft als einzige Lösung gesehen. Diese Situation ist unerträglich.

Ein Mädchen hat zu mir gesagt: Lieber stürze ich mich in den Brunnen, als verheiratet zu werden. Schon allein deshalb helfe ich, Kinderehen zu verhindern.
Fariba, 32, arbeitet für World Vision in Afghanistan

World Vision leistet Aufklärungsarbeit vor Ort

World Vision setzt sich daher engagiert für die Umsetzung des Afghanischen Nationalen Aktionsplans zur Beseitigung der Früh- und Zwangsverheiratung ein. Besonders in ländlichen Regionen prägen religiöse Führer gesellschaftliche Normen sehr stark – und können sie somit auch verändern.

Wir informieren vor Ort Imame sowie Eltern und weitere Akteure über die Gesetze zur Eheschließung, das legale Heiratsalter, die gesundheitlichen Risiken einer frühen Schwangerschaft und über die Bedeutung von Bildung für Mädchen. Um die Präsenz dieser Themen zu verstärken, greifen wir sie in all unseren Programmen auf, etwa zu Gesundheit oder Bildung. So verändern wir nachhaltig Einstellungen und Verhalten und senken die Rate von Früh- und Zwangsverheiratung.

Ich wünschte, alle Mädchen könnten zu ihren Vätern sagen, dass sie lieber in die Schule gehen wollen statt in eine Ehe. So wie meine Tochter das bei mir gemacht hat.
Abdulhay, 43, Vater von Nasima, 12, die nicht verheiratet werden soll

Konkrete Maßnahmen zum Schutz der Kinder

  1. Ein Handbuch für Kinderrechte: Afghanistan hat einen Nationalen Aktionsplan zur Beseitigung der Früh- und Zwangsverheiratung. Damit dieser Plan jedoch verwirklicht werden kann, müssen Kinderrechte verankert und Kinderschutzmaßnahmen implementiert werden. World Vision hat dafür ein Handbuch zum Schutz afghanischer Kinder erstellt, in dem Zwangs- und Frühverheiratung als ausdrückliche Verletzungen der Kinderrechte dargestellt werden.
     
  2. Religiöse Führer als Förderer des gesellschaftlichen Wandels: Besonders in ländlichen Regionen sind Früh- und Zwangsverheiratung oft noch Tradition. Religiöse Führer haben die Macht, die Einstellung und das Verhalten der Gesellschaft dazu nachhaltig zu verändern. World Vision hat Imame deshalb als wichtige Akteure identifiziert und sendet ihnen das Kinderschutz-Handbuch zur Aufklärung gegen Zwangs- und Frühverheiratung. Zudem organisieren wir Diskussionsrunden zwischen religiösen Führer und ihren Gemeinden zur Aufklärung der Bevölkerung über die Risiken von Frühverheiratung.
     
  3. Eine informierte und vernetzte Gesellschaft: Es braucht Wissen und die Kraft eines Netzwerkes, um Veränderungen von der Regierung einzufordern. Deshalb führt World Vision Schulungen über Kinderrechte und gegen Zwangs- und Frühverheiratung in Schul-Clubs für Mädchen und für Jungen durch. Außerdem gründen wir Netzwerke zur Stärkung der Lobbyarbeit der Gemeinden gegenüber der Regierung, für mehr Zugang zu Bildung und zu medizinischen Einrichtungen.

Der Hinweis auf Afghanistan bezieht sich auf die Zeit vor dem Machtwechsel im Sommer 2021. World Vision prüft derzeit, ob und wie die Projektarbeit im Land fortgesetzt werden kann. Ausgehend von dem kürzlich verhängten Arbeitsverbot für Frauen in NGOs setzt World Vision Deutschland die Arbeit in Afghanistan seit dem 25.12.2022 vorerst aus. World Vision steht in engem Austausch mit den Mitarbeitenden vor Ort und wird zeitnah über weitere Entwicklungen in der Projektarbeit informieren.