3. World Vision Kinderstudie

Anlass der Studie

Mit der 3. World Vision Kinderstudie haben sich die beteiligten Forscherinnen und Forscher wieder vorgenommen, Kindern eine Stimme zu geben und ein Sprachrohr für die 6-11 jährigen Mädchen und Jungen in Deutschland zu sein. Neben den bewährten Themen Familie, Schule, Freunde und Freizeit ist das Schwerpunktthema der World Vision Kinderstudie 2013 das Thema Gerechtigkeit. Schon in den ersten beiden Kinderstudien wurde deutlich, dass Kinder Wohlbefinden stark mit Gerechtigkeit verbinden. Die Kinder wurden befragt, was Gerechtigkeit für sie überhaupt ist und ob und wo sie sich gerecht oder ungerecht behandelt fühlen. Über ihr subjektives Gerechtigkeitsempfinden hinaus wurden die kindlichen Teilnehmer befragt, wie gerecht sie unsere Gesellschaft finden.

Durchführung

Die 3. World Vision Kinderstudie wurde erneut mit Hilfe der renommierten Kindheitsforscherin Prof. Sabine Andresen (Goethe-Universität Frankfurt) dem Sozialwissenschaftler Prof. Klaus Hurrelmann, (Hertie School of Governance), sowie dem Forschungsinstitut TNS Infratest Sozialforschung, München, durchgeführt. Damit hat wieder ein erfahrenes Team für die Erhebung der Daten sowie die Erstellung der World Vision Kinderstudie gesorgt. Der erste Teil der Studie, besteht aus Antworten der quantitativen Studie, bei der 2.535 in Deutschland wohnende Schulkinder im Alter zwischen 6 und 11 Jahren von Interviewerinnen und Interviewern einen Fragebogen mit 60 Fragen vorgelegt bekamen, den sie in etwa 30 Minuten beantworteten. Die Kinder wurden in einem repräsentativen Sample zusammen nach amtlichen Statistiken der Bevölkerungsfortschreibung 2011 und Mikrozensus 2011 zusammengestellt. Den zweiten Teil der Studie, bildet wieder einen qualitativen Teil, in dem 12 Kinder in Tiefeninterviews und mit kindgerechten Methoden zu ihren Lebenswelten befragt wurden. Die Durchführung der Interviews fand von Anfang Januar bis Mitte Februar 2013 statt.

Ergebnisse

Mit den Ergebnissen der 3. World Vision Kinderstudie ist es möglich erste Trends aus den vorangegangenen Studien nachzuverfolgen und einzuordnen. So bestätigten die Ergebnisse der Studie erneut, dass auch in Deutschland Kinder unter Armut und eingeschränkten Beteiligungsmöglichkeiten leiden. Vier Fünftel der befragten Kinder sind (sehr) zufrieden mit ihrem Leben, was ein vielversprechendes Ergebnis ist. Dafür kann aber ein Fünftel der befragten Kinder als abgehängt bezeichnet werden. Diese Kinder sind von Armut oder Armutsgefährdungen betroffen, sie fühlen sich in ihrer Meinung nicht wertgeschätzt und ernst genommen, sie haben weniger positive Erwartungen an ihre Zukunft und sie fühlen sich unter anderem in der Schule ungerechter behandelt als die anderen Kinder. In den vielfältigen familiären Lebensformen der Kinder zeichnet sich weiterhin ab, dass vermehrt beide Elternteile erwerbstätig sind. Dies lässt sich aus der Perspektive der Kinder jedoch gut mit verlässlicher Zuwendung vereinbaren. In Familien mit einem alleinerziehenden, erwerbstätigen Elternteil ist dies häufig nicht der Fall. Im Bereich Schule und ist die schulische Leistung und Laufbahn weiterhin stark von der sozialen Herkunft der Kinder abhängig. Wobei zunehmend mehr Kinder ein Ganztagsangebote in Anspruch nehmen. Gegenüber den beiden vorangegangenen Studien ist ein deutlicher Rückgang in der Häufigkeit persönlicher Treffen mit Freunden in der Freizeit zu registrieren. Wobei die Größe des Freundeskreises dabei nicht tangiert wird. Auch mit ihrer Freizeit ist der Großteil der Kinder (sehr) zufrieden. Dabei zeigt sich nach wie vor bei den Zufriedenheitsurteilen ein deutlicher Einfluss der sozialen Herkunftsschicht dahingehend, dass Kinder aus der Unterschicht seltener eine sehr positive Einschätzung abgeben und häufiger zu negativen bis neutralen oder positiven Einschätzungen kommen als ihre Altersgenossen aus den höheren Schichten. Bezüglich des Schwerpunktthemas Gerechtigkeit favorisierten die Kinder zuerst einmal die Gleichverteilung von Gütern und Zugangschancen. Dem wurde in der Regel das Prinzip der Gegenseitigkeit zugrunde gelegt. So tolerierten Kinder es nicht, wenn sich beispielsweise Einige nicht an die Regeln halten oder aber keine eigene Leistung einbringen. Die Ergebnisse der Studie können Sie als pdf hier herunterladen

Fazit

Die 3. World Vision Kinderstudie dokumentiert erneut, dass Kinder kompetent und authentisch über ihre eigene Lebenssituation Auskunft geben können. Sie sollten als Spezialisten ihrer eigenen Erlebniswelt gehört und ernst genommen werden, nicht nur von Eltern und Pädagogen, sondern auch von Wissenschaftlern und Politikern. Zu dem im Vordergrund stehende Thema der Gerechtigkeit haben Kinder eine sehr eindeutig Vorstellung. Ihr Wunsch nach Gleichheit lässt sich klar in Bezug auf die Debatte um die soziale Gerechtigkeit setzen. Letztendlich geht es auch im „Großen“ darum, dass „man miteinander teilt und nicht jemanden einfach so stehen lasst“ (Mädchen, 7 Jahre). Dazu gehört für die Kinder auch deren Partizipation. Sie wollen, dass ihre Meinung ernst genommen wird. Die Partizipation von Kindern kann nach unserem Verständnis in politischen Zusammenhängen sowie gesamtgesellschaftlich noch wesentlich ausgebaut werden. Im Kapitel Politik für Kinder wird daher Eltern, Pädagogen und Politiker neue Erkenntnisse an die Hand geben um den politischen Handlungsbedarf zur Schaffung einer kinderfreundlicheren Gesellschaft aufzeigen.

Sekundärliteratur

Gehrmann, Sebastian (2019): Aspirationen, kulturelles Kapital und soziale Herkunft in der Grundschule. Eine quantitativ-empirische Untersuchung von Grundschulkindern in Deutschland. Wiesbaden: Springer VS.
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