Nagmeldin Mohamed Abdalla arbeitet für World Vision im Sudan. Dort haben die seit zwei Jahren dauernden Kämpfe zwischen der Armee und den paramilitärischen Kräften der "Sudan Rapid Support Fores (RSF) Millionen Menschen in eine katastrophale Lage gebracht. An vielen Orten müssen geflüchtete Familien von Gemeinschaften versorgt werden, die selbst unter Mangel an Nahrung, Trinkwasser und zunehmender Armut leiden. Nagmedin bemüht sich in einem der "Hotspot"-Gebiete darum, Spannungen abzubauen. Er unterstützt mehrere Gemeinschaften darin, Konflikte auf gewaltlose Art zu lösen.
Manche Konflikte haben tiefere gesellschaftliche Ursachen. Deshalb spricht Nagmeldin mit Männern und Frauen auch über Machtverhältnisse zwischen den Geschlechtern und über die weit verbreitete Gewalt gegen Frauen und Mädchen. Manchmal sei es schwierig, Menschen davon zu überzeugen, schädliche Praktiken wie Genitalverstümmelungen aufzugeben, sagt er. Aber er sieht eine allmähliche Verhaltensänderung: „Ich freue mich auch, dass in den Dörfern, in denen ich arbeite, das Bewusstsein für die Risiken von Gewalt gegen Frauen und die Bedeutung des Kinderschutzes wächst.“ Und: „Jeden Tag bemühe ich mich, den Menschen durch meine Arbeit Hoffnung zu bringen.“
Zur aktuellen Lage im Sudan berichtet Nagmeldin: „Seitdem die gewalttätigen bewaffneten Auseinandersetzungen am 15. April 2023 ausgebrochen sind, hat sich dieLage im Sudan erheblich verschlechtert. Im ganzen Land herrscht ein extremer Mangel an Nahrung, Wasser, Medikamenten und Treibstoff. Ich beobachte, dass sich Hunger immer weiter ausbreitet und vor allem die schwächsten Menschen im Land trifft. Darunter auch Binnenvertriebene, die in Lagern leben. Inzwischen sind Millionen Menschen im ganzen Sudan von einer Hungersnot bedroht. Armut hat wegen des Krieges massiv zugenommen, weil viele Menschen weder Landwirtschaft betreiben noch Jobs finden können. Auch der Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen ist unterbrochen, wobei städtische Haushalte besonders betroffen sind. Für mich sind die Lebenshaltungskosten in die Höhe geschnellt. Mein Gehalt reicht kaum noch aus, um meine persönlichen Ausgaben zu decken. Einen kleinen Teil spare ich, um meine Familie zu unterstützen, die derzeit in einem Nachbarland lebt.
"Krank zu werden ist ein Alptraum"
Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass es ein echter Alptraum ist, im Sudan krank zu werden. Das Gesundheitssystem leidet unter einem akuten Mangel an Personal, finanziellen Mitteln und medizinischem Material. Es kommt immer wieder zu Angriffen, Plünderungen und Besetzungen von medizinischen Einrichtungen und Krankenhäusern. Eigentlich gut behandelbare Krankheiten fordern viel zu oft einen tödlichen Tribut. Die Todesrate durch Cholera ist im Sudan inzwischen dreimal so hoch wie im weltweiten Durchschnitt. Angesichts der hohen Unterernährungsraten, des geschwächten Gesundheitssystems und des geringen Impfschutzes werden Krankheitsausbrüche weiterhin katastrophale Auswirkungen haben. Besonders für Kinder.

Um die Zukunft der Kinder im Sudan macht sich Nougmeldin ebenfalls große Sorgen, denn "der Konflikt hat Millionen von sudanesischen Kindern die Chance auf Bildung genommen."
Mehr als 90 Prozent der 19 Millionen schulpflichtigen Kinder des Landes haben keinen Zugang zu formaler Bildung und sind jetzt oft sich selbst überlassen. "Ich habe Freunde und Verwandte, die ihre Kinder nicht zur Schule schicken können. Entweder, weil das Schuljahr in einigen Teilen des Landes ausgesetzt wurde. Oder weil sie es sich nicht leisten können, die hohen Schulgebühren in Gebieten zu bezahlen, in denen die Schulen noch offen sind."
World Vision arbeitet seit 2004 im Sudan und hat seit Ausbruch der kriegerischen Auseinandersetzungen bereits mehr als 3,2 Millionen betroffene Menschen unterstützt, unter anderem mehr als 700.000 Menschen mit Nahrungsmitteln und rund 125.000 Kinder dabei unterstützt, in einer geschützten Umgebung Kind sein zu können.
