Gemeinsam gegen Tuberkulose in Somalia

Corona trifft auf "alte Seuche"

Von Maike Bildhauer und Marwin Meier

In Somalia trifft COVID-19 auf andere gefährliche Infektionskrankheiten wie Tuberkulose - und auf ein fragiles Gesundheitssystem. Vor Ort arbeitet World Vision Somalia mit der finanziellen Unterstützung des Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria, um die Versorgung der Menschen zu verbessern und alte wie neue Krankheiten in den Griff zu bekommen.

Am heutigen Welt-Tuberkulosetag blicken wir auf die „uralte Seuche“, deren Erreger vor fast 140 Jahren von Robert Koch entdeckt wurde. In Somalia ist Tuberkulose (TB) ein großes Problem, auch wenn in den vergangenen Jahren die Zahl der medizinisch versorgten TB-Kranken angestiegen ist. Vor allem multi-resistente Formen sind hier auf dem Vormarsch. Das bedeutet: Die Krankheitserreger haben sich so entwickelt, dass herkömmliche Medikamente nicht mehr wirken. Dies macht die ohnehin schon langwierige Behandlung noch schwieriger. Laut WHO gehört Somalia zu den 30 am stärksten von multi-resistenter Tuberkulose betroffenen Ländern weltweit.

Somalia gilt als politisch fragil und zählt zu den 10 ärmsten Ländern der Welt. Drei Jahrzehnte Bürgerkrieg und häufige Katastrophen wie Dürren und Überflutungen haben die Versorgungsstrukturen nachhaltig erschüttert. Dies gilt auch für das Gesundheitssystem. Viele Somalierinnen und Somalier haben kaum Zugang zu medizinischer Versorgung.

Mit Mitteln des Globalen Fonds unterstützt World Vision beispielsweise eine Klinik in Hargeisa, Somaliland, die sich auf TB spezialisiert hat. Hierher ist Hibo mit ihrer 7-jährigen Tochter Muha gekommen, denn sie macht sich große Sorgen. Das Mädchen hustet seit Wochen. Das weckte in der Familie schlimme Erinnerungen, denn es ist noch nicht lange her, dass Hibos Mann an TB erkrankte und hier in der Klinik behandelt wurde.

„Mein Vater war lange Zeit sehr krank“, erzählt Muha. „Meine Mutter sagte mir, dass er eine Krankheit hat, die Tuberkulose heißt.“ Dem Vater geht es nach einer langwierigen Behandlungszeit inzwischen besser, aber die Angst vor der Krankheit ist geblieben. Nun fühlt sich Muha selbst seit einiger Zeit nicht gut. Darum ist sie in die Klinik gekommen: zum TB-Test.

TB-Testzentrum in Hargeisa, Somaliland
Ärzte in der Klinik in Hargeisa betrachten ein Röntgenbild von Muhas Lunge.
Gespräch mit Patientinnen nach einem TB-Test in Somalia
Ein Arzt erklärt Muha und ihrer Mutter das Ergebnis des TB-Tests.

Die Angst vor Tuberkulose ist groß

Mutter und Tochter sind angespannt. Die Untersuchungen und die Auswertung der Ergebnisse dauern mehrere Stunden. „Die Ärzte haben mich abgehört und sogar ein Bild von meiner Lunge gemacht“, berichtet Muha im Anschluss. „Das fand ich etwas gruselig, denn ich hatte Angst, dass es wehtun würde. Aber das hat es nicht!“ Dann endlich kommt die gute Nachricht – und mit ihr die Erleichterung: Der Test ist negativ. Muha hat keine Tuberkulose.

Was wir in Deutschland und weltweit gerade zum Schutz vor COVID-19 tun müssen, gilt für Tuberkulose schon lange: Abstand halten, Maske tragen, Testen und Kontakt-Nachverfolgung sind wirksame Mittel, um die Krankheit einzudämmen. Testen spielt hierbei eine zentrale Rolle, denn wer nicht weiß, ob er/sie infiziert ist, trägt zur weiteren Verbreitung bei – was wiederum die Entwicklung multi-resistenter Varianten begünstigt.

Der Globale Fonds unterstützt Somalia seit 2004 bei der Eindämmung von Tuberkulose, HIV und Malaria, bisher mit insgesamt 361 Millionen US-Dollar. Für den Zeitraum 2020 bis 2022 wurden allein für TB-Programme 29 Millionen US-Dollar bereitgestellt. In Zusammenarbeit mit World Vision setzen auch lokale Partner viele Projekte mit diesen Mitteln um. Gemeinsam verfolgt man vor allem ein Ziel: Das fragile Gesundheitssystem stärken, damit die Versorgung alle erreicht, die sie brauchen.

Inzwischen bieten 96 TB-Zentren im ganzen Land Tests, Beratung und Behandlung an. 2019 wurden fast 17.000 TB-Fälle registriert und die sofortige Behandlung eingeleitet. Ein großer Erfolg, aber der Weg ist noch weit: Die WHO schätzt, dass insgesamt etwa 40.000 Menschen in Somalia mit dem TB-Erreger infiziert sind.

World Vision Somalia - COVID-19-Nothilfe
World Vision Somalia bei der Übergabe von Schutzausrüstung für Kliniken

Im Schatten von COVID-19

Wie in vielen ärmeren Ländern hat die Corona-Pandemie die Bekämpfung anderer Infektionskrankheiten in Somalia erheblich erschwert, denn COVID-19 belastet die schwache Gesundheitsinfrastruktur zusätzlich. Versammlungsverbote zur Eindämmung haben auch die TB-Programme des Landes in Mitleidenschaft gezogen, denn Aufklärungskampagnen vor Ort waren nicht mehr möglich und die Versorgung über mobile Teams stark eingeschränkt.

Knapp über 10.000 COVID-19 Fälle hat Somalia bis Mitte März gemeldet. Aber wie bei TB ist die Zahl nicht registrierter Fälle nach Schätzungen der WHO vermutlich deutlich höher. Um ein realistisches Bild zu bekommen, müssten die Test-Kapazitäten deutlich verbessert werden.

Der Globale Fonds hat seinen Partnerländern gleich zu Beginn der Corona-Krise Geld für dringend benötigte Maßnahmen zur Verfügung gestellt. Somalia erhielt insgesamt 4,6 Millionen US-Dollar, mit denen Gesundheitsfachkräfte speziell im Umgang mit COVID-19 Patientinnen und Patienten geschult und Schutzkleidung beschafft wurde. Zudem konnten mit den Mitteln Gesundheitsprogramme so angepasst werden, dass sie auch unter Pandemie-Bedingungen umgesetzt werden können.

Eine gute Nachricht zum Schluss:
Die Erfahrungen und die Infrastruktur aus der TB-Bekämpfung, die Somalia mit Unterstützung von World Vision und dem Globalen Fonds aufbauen konnte, kommen aktuell der Bekämpfung von COVID-19 zugute.

Das könnte Sie auch interessieren

World Vision: Corona-Pandemie kann nur global erfolgreich bekämpft werden

World Vision fordert eine schnelle und gerechte Verteilung von Covid19-Impfstoffen an arme Länder. Nach Angaben der Organisation kommen kaum Covid-19 Impfstoffe in Entwicklungsländern an, obwohl sie dort dringend gebraucht werden.

Gesundheit fürs Leben

In armen Regionen sind schlecht ausgestattete Gesundheitsstationen oft Stunden entfernt. Gerade während der Coronakrise muss die Gesundheitsversorgung in Entwicklungsländern besser werden.