20.07.2021

Gewalt und Hunger: Familien kämpfen ums Überleben

Tigray-Konflikt ist die größte Krise in Äthiopien

Autor: Iris Manner

Seit November wird in der Region Tigray im Norden Äthiopiens gekämpft. Der eskalierte Konflikt zwischen der Zentralregierung und der Regierung in Tigray sowie ihr nahestehenden Milizen hat an vielen Orten die Versorgung mit Lebensmitteln, Wasser, Strom und medizinischer Hilfe unterbrochen. Das Gesundheitssystem in der Region ist zusammengebrochen, eine medizinische Versorgung der Menschen ist kaum noch möglich.

Tigray gehört zu den ärmsten Regionen Äthiopiens und ist von Hunger geprägt. Über 90 % der Ernte sind laut Schätzungen des Welternährungsprogramms durch die Zerstörung verloren gegangen. Das Leben von hunderttausenden Menschen ist durch die Hungersnot bedroht. Infolge der Katastrophe sind inzwischen 5,2 Millionen Menschen sind dringend auf Nothilfe angewiesen (Quelle: Vereinte Nationen). Darüber hinaus wurden 1,7 Millionen Menschen aus ihrem Zuhause vertrieben, Zehntausende sind in den angrenzenden Sudan geflohen.

Über den Einsatz von World Vision in Tigray berichtete das ZDF in der heute-Nachrichtensendung am 01.02.2021:

World Vision hat umgehend Nothilfemaßnahmen eingeleitet, um die Menschen vor Ort mit lebensrettenden Hilfsgütern zu versorgen. Gesundheitshelferinnen und -helfer werden ausgebildet, um die medizinische Notversorgung aufrecht zu erhalten. Die Menschen in Tigray brauchen dringend Lebensmittel, sauberes Wasser und medizinische Versorgung. Dank unserer Spenderinnen und Spender können wir im Katastrophenfall schnell, flexibel und umfassend Nothilfemaßnahmen in Kriegs- und Krisengebieten einleiten. Ihre Spende für unsere Katastrophenhilfe unterstützt Einsätze in Gebieten mit akuter Not, wie zum Beispiel in Nord-Äthiopien.

Kinder sind Gewalt schutzlos ausgeliefert

Besondere Sorge gilt den Auswirkungen des Konflikts auf das Leben der Kinder. Nach Angaben von UNICEF sind mindestens 33.000 Kinder in abgeschnittenen Regionen Tigrays schwer unterernährt und in einem lebensbedrohlichen Zustand. Wenn ihnen nicht schnellstmöglich geholfen wird, wird sich diese Zahl dramatisch erhöhen – auch, weil eine medizinische Versorgung infolge des zusammengebrochenen Gesundheitssystems nicht möglich ist. Weil in Tigray alle Schulen geschlossen wurden, entfallen darüber hinaus Schutz- und Versorgungsmöglichkeiten für Millionen Kinder. Die Zahl schwerer gewalttätiger Übergriffe auf Jungen und Mädchen steigt stark an. Es muss schnellstmöglich gehandelt werden, um das Leben und die Sicherheit dieser Kinder zu schützen.

Mutter Leges mit einem ihrer Kinder

Ich musste alles zurücklassen, was wir haben, um das Leben meiner Kinder zu retten, berichtet Leges Zewdu. Wie viele aus Tigray Vertriebene ist sie in ein Auffanglager in die Stadt Shire geflohen. Auf der Flucht musste die Familie Unvorstellbares durchleben: Sechs Tage lang hat sich die Mutter mit ihren Kindern im Wald versteckt, eine weitere Woche brauchten sie, um in Shire anzukommen. Ich hoffe, dass wir eines Tages wieder zurück nach Hause können, fügt sie traurig hinzu. Hier ist es eiskalt, wir können kaum schlafen und es gibt kein Essen für meine Kinder.

Aktuell suchen ca. 12.000 Menschen Schutz in Shire. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von World Vision berichten von großer Not: Es fehlt an allem, ganz besonders aber an Nahrungsmitteln für die Familien.

Nothilfe unter schwierigsten Bedingungen

Das World Vision-Länderbüro in Addis Abeba hat einen umfassenden Nothilfeeinsatz für die vom Konflikt betroffenen Menschen in Tigray und angrenzenden Regionen gestartet. Priorität hat dabei die Versorgung und der Schutz besonders gefährdeter Kinder und Erwachsener, beispielsweise unterernährter Kleinkinder, vertriebener Familien und alleinstehender Frauen oder auch kranker und alter Menschen.

Im Fokus der Hilfe steht, das Überleben der Familien in den Krisenregionen zu sichern. Dazu versorgt World Vision die Menschen mit Lebensmitteln – darunter Aufbaunahrung für Kleinkinder – sowie sauberem Wasser und Mitteln zur Wasseraufbereitung. Nach wie vor fehlt es an nötigen Medikamenten, die Gesundheitsversorgung in der Region ist zusammengebrochen und auch medizinisches Personal ist knapp, da viele Angestellte selbst fliehen mussten. Um die medizinische Notversorgung aufrechtzuerhalten, werden Gesundheitshelferinnen und -helfer ausgebildet. Auch Hygienepakete werden an die Familien verteilt.

In Flüchtlingslagern werden Unterkünfte und Notversorgung für Familien bereitgestellt. In den Kinderschutz-Zentren werden Kinder mit Nahrungsmitteln versorgt und betreut. Sie erhalten dort außerdem Bildungs- und Spielangebote.

World Vision arbeitet intensiv daran, den Kindern in größter Not zu helfen.

Die Eskalation des Tigray-Konflikts trifft die Menschen in Äthiopien während der COVID-19-Pandemie und der anhaltenden Heuschreckenplage.

Hinweis für Patinnen und Paten: Unsere Projekte liegen nicht im direkten Konfliktbereich. In den Projekten Ambassel, Lalo Assabi und Nedjo ist die Sicherheitslage aufgrund vieler Binnenflüchtlinge jedoch fragil. Die Projekte South Ari und Malle hingegen liegen in anderen nicht betroffenen Landesteilen. Für Rückfragen können Sie sich bei unserem Serviceteam melden.

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