Menschenhandel in Bangladesch

Die unsichtbaren Opfer des Menschenhandels

Ein Schutzzentrum für Kinder in Bangladesch
Autor: Dirk Bathe  | 
27. Juli 2017
Autor: Dirk Bathe
Kinder beim Malen

Als Shahinur gerade zwölf Jahre alt war, brachte eine Tante sie in die Stadt, wo sie angeblich in einer Textilfabrik arbeiten sollte. Doch der angebliche Job entpuppte sich als bloßer Vorwand, um sie von ihrer Familie wegzubringen. Stattdessen wurde sie vergewaltigt und gezwungen, als Prostituierte zu arbeiten. Zwei Jahre blieb sie in dem Bordell. Dann traf sie einen Mann, der versprach, sie aus ihrer Lage zu befreien.Er nahm sie mit nach Indien und dann nach Pakistan. Er versprach sie zu heiraten, ein besseres Leben sollte sie haben. Doch auch dieser Traum zerplatzte. Der Mann war ein Zuhälter, Shahinur musste wieder in Bordellen arbeiten. Der Mann reiste nach Bangladesch, dort wurde er verhaftet und nach einem langen Prozess zu vier Jahren Haft verurteilt. Shahinur hatte etwas Geld gespart und traute sich nach dem Urteil zurück nach Bangladesch. Aber auch hier blieb ihr nichts anderes, als in Bordellen zu arbeiten. Das tut sie auch heute noch.

Sexarbeiterinnen und ihre Kinder werden in diesen Gesellschaften wie Ausgestossene behandelt. In den Augen ihrer Nachbarn haben sie weder Würde noch Respekt verdient. Sie bleiben auf immer und ewig, was sie waren: Prostituierte. Nur sehr wenigen gelingt es, ihren Kindern eine Ausbildung zu ermöglichen.

Damit die Kinder der Prostituierten aus diesem Teufelskreis ausbrechen können, hat World Vision ein Kinderschutzzentrum in der Nähe von Shahinurs Bordell eingerichtet. Das Zentrum wird auch von anderen benachteiligten Kindern aus der Nachbarschaft besucht. Als Shahinurs Sohn Naim acht Jahre alt war und das erste Mal in das Schutzzentrum kam, war er ein verschüchterter Junge, ängstlich, ohne Kontakt zu den anderen Kindern. Er hatte Angst, dass die Anderen ihn verachten würden, wenn herauskommt, dass seine Mutter eine Prostituierte ist.

Naim ist ein begabter Zeichner

Langsam, Schritt für Schritt, öffnete sich Naim. Er lernte, mit anderen Kindern zu spielen, zu vertrauen und sich zu öffnen. Er lernte auch für die Schule, bekam ein Übungsbuch und nahm an Kunstkursen teil.

Naim: „Ich fühlte mich schnell sehr wohl im Zentrum. Es wurde ein Zuhause, denn hier werde ich nach meinen Talenten und Fähigkeiten beurteilt und nicht nach dem, was meine Mutter arbeitet. Das Zentrum hat mein Leben verändert.”

Heute ist Naim ein erfolgreicher Zeichner und Maler. Er hat an Kunstwettbewerben teilgenommen und Preise gewonnen. Naim: „Zeichnen ist meine Herzensangelegenheit. Und solche Preise wie den der Lokalregierung für mein Bild zum Tag der Umwelt, die motivieren mich natürlich.”

Naim besuchte die siebte Klasse einer Schule. Sein Lehrer ist begeistert von ihm: „Er ist einer meiner Lieblinge, weil er talentiert ist, aber auch wegen seiner sehr guten Manieren!”

Der Sohn einer Prostituierten besucht jetzt die siebte Klasse

Künstler will Naim aber nicht werden. Er träumt davon, eines Tages als Polizeibeamter zu arbeiten. „Dann kann ich das Böse in der Gesellschaft bekämpfen.” Seine Mutter Shahinur unterstützt dieses Ziel. Und sie versucht, auch selber ein neues Leben zu beginnen. Noch muss sie im Bordell arbeiten, denn sie hat Schulden. World Vision hat ihr aber eine Nähmaschine gegeben und sie mit Stoffen ausgestattet. Jetzt arbeitet sie zusätzlich als Näherin und sobald die Schulden abbezahlt sind, will sie ganz umsteigen und ausschließlich als Näherin arbeiten.