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World Vision Kinderstudie „Religiöse Diversität in der Lebenswelt von Kindern in Deutschland und Ghana 2023“ veröffentlicht

Toleranz entsteht eher durch frühen Kontakt und Verständnis als durch Abkehr von Religion

Berlin, 29.3.2023.

In der neuen World Vision Kinderstudie mit dem Titel „Religiöse Diversität in der Lebenswelt von Kindern in Deutschland und Ghana 2023“ hat die internationale Hilfsorganisation untersucht, wie Kinder in beiden Ländern mit religiöser Diversität umgehen. Die Studie beleuchtet, wieviel Kinder über andere Religionen wissen, wie sehr sie Freundschaften zu Kindern anderer Religionen pflegen, und ob sie religiöse Diskriminierung erleben. 

„Von Kindern kann man viel lernen in Sachen Pluralismus, und zwar gilt das für Ghana und Deutschland gleichermaßen,“ sagt Studienleiterin Prof. Dr. Caterina Rohde-Abuba. Kinder haben durch Schule und Freizeit wesentlich mehr Kontakte zu Angehörigen anderer Religionen als Erwachsene. Dabei gibt es allerdings Unterschiede. In Deutschland beispielsweise gilt, dass Kinder aus Haushalten mit mittlerem Einkommen am häufigsten (24%) angeben, „viele“ Freundinnen und Freunde aus anderen Religionen zu haben – mehr als in niedrigeren und höheren Einkommensgruppen. „In Ghana sind es die Kinder aus Familien mit den niedrigsten Einkommen, die besonders viele interreligiöse Freundschaften pflegen,“ sagt Dr. Ekkardt Sonntag, Leiter des World Vision Instituts für Forschung und Entwicklung. „Das kommt vermutlich daher, dass ihre Eltern sich die religiösen Privatschulen nicht leisten können und die Kinder auf die bunter gemischten staatlichen Schulen gehen. Daraus folgt, dass schon ab dem Kleinkindalter die Wissensvermittlung über unterschiedliche Religionen und Kulturen wichtig ist und der Umgang miteinander gefördert wird.“

Toleranz ist ein wichtiger Faktor für gesellschaftlichen Zusammenhalt. Religiöse Diskriminierung betrifft auch Kinder – in Ghana vor allem jene, die traditionellen Religionen angehören, in Deutschland muslimische Kinder. 39% von ihnen geben an, schon einmal für ihre Religion ausgelacht, beleidigt oder beschimpft worden zu sein. 

Aus den Ergebnissen der Studie entwickelt World Vision 4 politische Forderungen:

1) Rassismus und religiöse Diskriminierung bekämpfen. Dies geschieht durch kindgerechte Kampagnen und Angebote v.a. auch für Opfer von Diskriminierung.

2) Neokolonialismus in der Entwicklungszusammenarbeit überwinden. Dies geschieht durch zielgerichtete Lernprozesse in Ministerien und Nicht-Regierungsorganisationen, die Kinder nicht nur schützen, sondern auch als Triebkräfte für mehr Toleranz wahrnehmen.

3) Inter- und intrareligiöse Bildung im Bildungskanon stärken. Dies geschieht durch Lehrangebote zu verschiedenen religiösen und nicht-religiösen Weltanschauungen ab Klasse 1, für ein besseres Miteinander der Religionen.

4) Das Grundrecht auf Religionsfreiheit wahren und kindgerecht in ihren Lebenswelten umsetzen. Dies geschieht, wenn Art. 3 und 4 GG sowie 14 und 30 der UN-Kinderrechtskonvention so angewendet werden, dass Kinder in all ihren Lebenskontexten (Schule, Familie, Freizeit etc.) selbst über ihre Religionsausübung entscheiden können.

Die Studie basiert auf einer repräsentativen Datenerhebung mit je 2500 Kindern von 6 – 16 Jahren und wurde in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Britta Konz, Universitätsprofessorin für Praktische Theologie mit dem Schwerpunkt Religionspädagogik an der Johannes Gutenberg Universität Mainz und Prof. Dr. Caterina Rohde-Abuba, Professorin für Soziologie an der Hochschule für Wirtschaft und Recht durchgeführt.