Unterernährtes Kind in Afghanistan wird in mobiler World-Vision-Klinik behandelt

World Vision: Kinder in Afghanistan von Hungertod bedroht

Neuer Bericht warnt vor massiver Unterernährung, zunehmender Kinderarbeit und Zwangsheirat

Kabul/Friedrichsdorf, 12.8.2022

Afghanistans vergessene Kinder sind von Hungertod, Kinderarbeit und Zwangsheirat bedroht, warnt heute die internationale Hilfsorganisation World Vision in einem neuen Bericht. Die internationale Gemeinschaft müsse sofort Hilfe bereitstellen. 

Für den Bericht „Afghanistan: A Children’s Crisis”, der ein Jahr nach der Machtübernahme der Taliban erstellt wurde , befragte die Organisation 800 Eltern, Betreuer, Betreuerinnen und ihre Kinder. Untersucht wurde, wie sich ihr Leben im vergangenen Jahr verändert hat. 
 
Der Bericht zeigt, dass das Durchschnittseinkommen der Haushalte in den untersuchten Gebieten weniger als ein Euro am Tag beträgt und dass mehr als die Hälfte (53 Prozent) der Kinder aktuell unterernährt sind. 
 
Asuntha Charles, Nationale Direktorin von World Vision Afghanistan: „Eltern, Betreuer und Betreuerinnen stehen vor einer verzweifelten Situation. Ihre Kinder hungern, sie haben keine Wahl mehr: Sie müssen ihre Kinder entweder zur Arbeit schicken oder Kinderhochzeiten arrangieren, um deren Überleben zu sichern. Das ist eine Entscheidung, vor die Eltern niemals gestellt werden sollten“. 
 
Der Bericht von World Vision offenbart, dass sieben von zehn Jungen und mehr als die Hälfte der Mädchen arbeiten müssen, anstatt die Schule zu besuchen. 57 Prozent der Eltern oder Betreuer und Betreuerinnen gaben an, dass die Kinder nicht mehr am Unterricht teilnehmen konnten. „Auch die mentale Gesundheit der Kinder ist aufgrund der Veränderungen im Land in Gefahr. 66 Prozent der Eltern gaben an, dass ihre Kinder bedrückt und bekümmert sind“, ergänzt Charles.   
 
Der Bericht unterstreicht auch, dass das Gesundheitssystem in Afghanistan in einer großen Krise steckt und damit die Risiken für Frauen und Kinder zunehmen. Die Zahl der Hausgeburten liegt bei 64 Prozent. Nur ein Drittel aller Kinder kommt mit professioneller medizinischer Hilfe zur Welt. Der Bericht stellt auch fest, dass die Einschränkung von Geburts- und Kindergesundheitsservices und der Verlust von ausgebildetem Personal einen massiven Rückschritt darstellen. Die NGO warnt, dass die Kindersterblichkeit und die Gefahr, bei Geburten zu sterben, wieder ansteigen kann.  
 
Regierungen und Entscheidungsträger dürfen neben den vielen anderen Krisen Afghanistan nicht vergessen. Die Menschen dort brauchen Humanitäre Hilfe. Wirtschaftssanktionen und weitere rechtliche Hürden machen es Nichtregierungsorganisationen jedoch schwer, wenn nicht gar unmöglich, diese bereitzustellen.  Zu viele Kinder in Afghanistan sind von einem zu frühen Tod bedroht. Jene, die überleben, hungern und werden zu Kinderarbeit und -heirat gezwungen. Diese Kinder dürfen nicht in Vergessenheit geraten. Wie alle anderen Kinder müssen auch sie die Möglichkeit haben, zu lernen, zu spielen und ihr Leben zu gestalten.  
 
Die Entwicklungen und Errungenschaften der vergangenen Jahre in Afghanistan sind in Gefahr. Die Krise ist eine der schlimmsten humanitären Katastrophe weltweit, die durch politische Gewalt, die wirtschaftliche Situation und die Klimakrise weiter verschärft wird. World Vision appelliert an die Internationale Gemeinschaft, die finanzielle Unterstützung für die Bevölkerung umgehend zu erhöhen.