Rechtsanalyse zeigt: EU-Reformvorschläge zur Migrations- und Asylpolitik werden Kinderrechten nicht gerecht

Die Rechte von Kindern werden in den Vorschlägen der Europäischen Kommission zur Reform der Asyl-und Migrationspolitik nicht ausreichend berücksichtigt. Zu diesem Ergebnis kommen World Vision und weitere Organisation auf der Grundlage einer gemeinsamen Rechtsanalyse.  Daher fordern die Organisationen Nachbesserungen. Der besondere Schutzbedarf von Kindern etwa muss bei jedem Verfahren geprüft und das Wohl des Kindes vorrangig behandelt werden, wie es die Kinderrechtskonvention vorsieht.

»Wir begrüßen zwar, dass die Europäische Kommission teils in ihrem Entwurf des Migrations- und Asylpakets auf die Belange und Rechte von Kindern eingeht. Es fehlt allerdings eine systematische und damit auch praktisch durchsetzbare Sicherstellung der Rechte von Kindern«, heißt es in einem heute veröffentlichten Positionspapier der Organisationen. »Die Vielzahl von Richtlinien und Verordnungen greifen keineswegs nahtlos ineinander. Dadurch entstehen Regelungslücken und eine Unübersichtlichkeit, die einen effektiven Schutz von Kindern und die flächendeckende Umsetzung ihrer Rechte verhindern.«

Die EU-Kommission hatte am 23. September 2020 das „Migrations- und Asylpaket“ vorgestellt, das aus einer Reihe von Gesetzesentwürfen zur europäischen Migrations- und Asylpolitik besteht. Es wird derzeit in den nationalen sowie im EU-Parlament diskutiert. Die Rechtsanalyse dazu wurde im Auftrag des Deutschen Kinderhilfswerks, des Deutschen Komitees für UNICEF, des Paritätischen Gesamtverbands sowie von Plan International Deutschland, Save the Children Deutschland, terre des hommes Deutschland und World Vision Deutschland erstellt. 

In dem Positionspapier äußern die beteiligten Organisationen die Sorge, dass das Reformpaket in der aktuellen Form die Situation geflüchteter und migrierter Kinder insgesamt verschlechtern könnte. Einerseits gibt es positive Ansätze zur Stärkung der Rechte geflüchteter Menschen, wie zum Beispiel der Einführung eines Monitoring-Mechanismus und die Anerkennung von Geschwistern als Teil der Kernfamilie. Andererseits lassen die Gesetzentwürfe Raum für eine Missachtung der Bedürfnisse und Rechte von Kindern. So besteht zum Beispiel die Gefahr, dass unbegleiteten Kinder keine vormundschaftliche Vertretung mit geeigneten fachlichen Qualifikationen zur Seite steht.

Die Organisationen fordern unter anderem, dass der besondere Schutzbedarf von Kindern geprüft und eine kindgerechte Unterbringung von Anfang an sichergestellt wird. Kinder dürfen nicht in Haft genommen oder unter haftähnlichen Bedingungen untergebracht werden. Sie müssen außerdem ihre Fluchtgründe in einem sicheren Kontext vortragen können. Aus Sicht der Organisationen ist es unerlässlich, der Definition der UN-Kinderrechtskonvention Rechnung zu tragen,  nach der allen Menschen unter 18 Jahren besondere Hilfen und Rechte zwingend gewährt werden müssen.