28.02.2020

Projekt-Besuch in Kenia

Karl-Heinz Zimmer berichtet von unserer Reise

Autor: SHerth

WER DIE WAHL HAT

Willow-Geschäftsführer Karl-Heinz Zimmer hat an einer World Vision-Projektreise nach Kenia teilgenommen – sie diente der Vorbereitung einer neuen Patenschafts-Aktion: Erwählt

Ein Bericht von Karl-Heinz Zimmer

Am 29. November brechen wir mit Oliver Müller von World Vision Deutschland nach Kenia auf. In Nairobi erwartet uns Vivian: Die Security Managerin von World Vision Kenia gibt uns umfassende Instruktionen – zur Sicherheitslage im Land, zu Verhaltensformen in der kenianischen Kultur und gegenüber den Menschen, denen wir begegnen werden. 

Eigentlich lieben wir den Norden. Doch zur Vorbereitung der Aktion "Erwählt", die beim Leitungskongress 2020 vorgestellt werden sollte, führte uns 2019 eine Reise mit unserem Kooperationspartner World Vision Deutschland in den Süden – ins Projektgebiet Kenia. 

Ein Gedanke beunruhigte mich: Was würde die Reise mit uns machen? Wichtig war mir, dass meine Frau mich (auf eigene Kosten) begleitet; wir wollten die Eindrücke gemeinsam als Ehepaar aufnehmen.

Karl-Heinz Zimmer mit seiner Ehefrau und World Vision Mitarbeiter Oliver Müller auf ihrer Kenia Reise
World Vision Mitarbeiter in Kenia erläutern die Verhaltensregeln in den Projekten.

Ein Gottesdienstbesuch im International Christian Centre Imara in Nairobi erinnert uns an die Willow-Gemeinde. Ein Mitarbeiter bestätigt, dass es Verbindungen gibt und das Leitungsteam regelmäßig am Global Leadership Summit teilnimmt, der jedes Jahr in einer Nachbargemeinde stattfindet.

Über Eldoret geht es auf dem Landweg in das Zielgebiet Baringo County. Erste Station: die Chesitim Primary School in Lokis. Mit Unterstützung von ›World Vision Deutschland‹ wurde dort eine Schule errichtet, die nun feierlich eröffnet werden soll. Nach langer Fahrt durch unwegsames Gelände empfängt uns eine große Menschenmenge an der Schule. Volksfeststimmung: Kinder, Erwachsene, Mitarbeiter, Chiefs mit den Insignien ihrer Autorität, uniformierte Vertreter von Distrikt- und Regionalregierung, ja selbst ein Vertreter des Staatspräsidenten ist angereist. Feierlich eröffnen wir das Gebäude. Ein bewegender Moment! Oliver erklärt, welch große Bedeutung die Einweihung dieser Schule für die gesamte Region hat. Die Feier dauert mehrere Stunden. Von der Straße durchgerüttelt und aufgewühlt von den Erlebnissen, erreichen wir am Abend unser Quartier. 
 

Straße in Kenia, die eher an einen Feldweg erinnert.
Eröffnungsfeier einer Schule in Kenia, die durch die Unterstützung von World Vision Paten errichtet wurde.
Schulkinder in Kenia sitzen stolz in ihrer Klasse.

Bildung wirkt

Am nächsten Morgen weckt mich ein merkwürdiges Geräusch. Beim Blick aus dem Fenster entdecke ich einen etwa 12-jährigen Jungen, der Steine in den See vor unserem Quartier wirft. Typisch Kinder, denke ich. Dann aber sehe ich den gelben 10-Liter-Kanister und begreife: Hier ist die Wasserstelle, an der die Einwohner Wasser holen und Wäsche waschen. Der Junge wirft die Steine nicht zum Spaß ins Wasser. Er verscheucht damit lauernde Krokodile. Tatsächlich liegt ein Reptil auf der Kiesbank unter unserem Fenster. Da muss ein Kind erst wilde Tiere verjagen, bevor es an Trinkwasser gelangt! Das geht mir tief unter die Haut und beschäftigt mich noch lange.

An diesem Tag besuchen wir zwei Schulen in Ng’oron: beeindruckende Beispiele dafür, welchen Unterschied Bildung im Leben einer Gemeinschaft macht. Durch den nomadischen Lebensstil der Bewohner war es nicht einfach, einen geregelten Schulbesuch und den Übergang zwischen den Schulstufen zu erreichen. ›World Vision‹ wirkt hier wie ein Katalysator: Es ist ihnen gelungen, Eltern, Behörden, lokale Chiefs und die Pastoren der Umgebung zusammenzubringen. Gemeinsam haben sie Voraussetzungen geschaffen, dass Kinder aus der Region – mittlerweile einige hundert – nun regelmäßig die Schule besuchen. Stolz erzählt uns Esther, die Vorsitzende des Schulkomitees der ›Ptikii Primary School‹, dass der regelmäßige Unterricht nicht nur das Leben der Kinder verändert, sondern auch das Zusammenleben der Menschen in der Region verbessert hat.

Kinder die Wasser aus einem verschmutzen See holen.
Lehrer einer Schule vor einer Tafel auf der die Klassen Verteilung angeschrieben ist.

In der Dira Primary School ein ähnliches Bild. Tische und Schulbänke stehen im Schatten eines großen Baumes. Das Schulkomitee erwartet uns. Eine Gruppe von etwa 20 Frauen steht abseits, aber ganz offensichtlich interessiert. Der Vorsitzende des Komitees bittet die Frauen, sich zu uns unter den Baum zu setzen. Er spricht einladend und achtungsvoll. Dann sitzen wir beieinander und hören Raphale zu, der mit leuchtenden Augen über die Arbeit spricht, die er 2012 mit einer Handvoll Kinder unter ebendiesem Baum begonnen hat. Heute gehören zur Schule mehrere Gebäude und landwirtschaftliche Flächen, auf denen Raphale mit den Schülern Gemüse anbaut – für den Eigenbedarf, als Tauschware für andere Lebensmittel und zum Verkauf, um vom Erlös Lehrkräfte und Lehrmaterial zu finanzieren. 

Ein großer Baum unter dessen Schatten Schulbänke und Tische aufgebaut sind.
Eine Gruppe an Schülern und ihre Lehrer auf dem Feld, auf dem sie ihr Gemüse für das Schulessen anbauen

Dann spricht Fred, der Regionalleiter von World Vision, über ein sensibles Thema: Mädchen und Frauen leiden oft ein Leben lang unter den Folgen der Beschneidung, die meist ohne Betäubung unter unhygienischen Bedingungen vorgenommen wird und häufig zur Verstümmelung führt. Im Nachhinein realisieren wir, dass dieses Thema in jeder unserer Begegnungen angesprochen wurde. Wir beginnen zu ahnen, wie wichtig Aufklärung und Prävention sind.

Dann eine ungeplante Programmänderung. Typisch Afrika. Auf dem Weg zur Initiative Baby Friendly Community, einer von World Vision integrierten UNICEF-Initiative, werden wir plötzlich von einem 30 Meter breiten Fluss gestoppt. Wir hören, dass das Flussbett vor Minuten noch trocken war. Weil es aber in den Bergen regnete, stieg der Wasserpegel rasant.

25 Frauen mit umgebundenen Babys warten am anderen Ufer auf uns. Plötzlich raffen sie ihre Kleider und ziehen durch den Fluss. Es folgt eine Lehreinheit über Hygiene- und Ernährungsberatung am Flussufer. In einer Bevölkerung, die als Nomaden ihren Ziegen- und Rinderherden folgen und sich vorwiegend von Fleisch und Milch ernähren, entscheidet solches Wissen bei Müttern mit Babys oft über Leben und Tod. Jede Woche treffen sich die Mütter, um zu lernen und sich gegenseitig zu unterstützen. Dabei spielt auch das ›Stillen‹ von Babys eine große Rolle. Unter Anleitung ermutigen die Frauen einander, sich selbst und ihre Babys hygienisch und gesund zu ernähren. So wird die Erkrankungs- und Sterblichkeitsrate von Babys drastisch reduziert, erzählt eine junge Frau, die ihr erstes Baby durch falsche Ernährung verloren hat. Meine Frau und mich berührt das. Als Eltern von fünf Kindern mit Schwiegerkindern und sechs Enkeln, können wir nachempfinden: Wenn es den Babys gut geht, sind auch die Eltern glücklich – und sogar die Großeltern.
 

Eine Frauengruppe durchqueren einen Fluss, der vor wenigen Minuten noch ein trockenes Flussbett war.
Die Frauen zeigten uns am Flussufer wie sie ihre Beratungen zu den Themen Hygiene- und Ernährung durchführen.

Die Kinderpatenschafts-Aktion: Erwählt

Am nächsten Morgen brechen wir ins Mondi-Gebiet auf. Dort soll das Erwählt-Patenschafts-Projekt stattfinden. Im Vorfeld wollen wir uns mit den Projektleitern treffen und Kontakt mit Kindern aufnehmen, die am Programm teilnehmen werden.

Wir begegnen der Lehrerin Silvia Kandie. Als Kind wurde sie durch eine World-Vision-Patenschaft gefördert und konnte so alle Schulstufen durchlaufen. Heute unterrichtet sie selbst an einer Highschool. Wir besuchen sie in ihrem Haus. Es ist schlicht eingerichtet, zeugt aber von einem gewissen Wohlstand. Sie erzählt aus ihrem Leben. Wir sehen, welchen Unterschied es macht, wenn ein Kind die Möglichkeit hat, zu lernen und seinen vorgezeichneten Lebensverlauf zu verändern. Wir spüren Silvias Dankbarkeit: Die Patenschaft hat ihre Laufbahn möglich gemacht – und die hat nicht nur ihr Leben verändert, sondern auch das ihrer Familie.

An der Chemiril Primary School treffen wir Mitarbeitende von World Vision mit einer Gruppe von etwa 30 Kindern. Im Schatten einer Baumgruppe sitzen sie auf Schulbänken und warten auf uns. Sie sind gewissermaßen die Hauptpersonen – eines Events, das ihr Leben grundlegend verändern kann, so wie wir es am Beispiel von Silvia Kandie erlebt haben. Sie werden in Kürze vor einer Reihe von Fotos stehen, die im Rahmen des Erwählt-Projekts während des Willow Creek Leitungskongresses in Deutschland aufgenommen werden und ihre Paten auswählen, die ihnen eine Schullaufbahn ermöglichen. Was für ein aufregender Gedanke!

Beim Erwählt-Ansatz wählt sich ein Kind seinen oder ihren Paten, nicht umgekehrt. Vor unseren inneren Augen läuft ein Film ab: Kongressteilnehmer bewerben sich um eine Patenschaft. Sie werden fotografiert und die Fotos online nach Kenia geschickt. Schon am nächsten Tag sehen die Kinder die Fotos – folgen ihrem Herzen und wählen sich ihre Paten. Anschließend werden die Kinder fotografiert und ihre Bilder online zum Leitungskongress nach Deutschland geschickt, wo die Paten ihre Patenkinder kennenlernen ... 

Da sitzen sie also und ahnen nicht, was dieser Kongress in Deutschland mit ihnen in Kenia zu tun hat. Dann taucht irgendwoher ein Ball auf und es gibt kein Halten mehr. Wie überall auf der Welt, jagen die Kinder ausgelassen dem Ball hinterher – und wir als Gäste mittendrin. Bald schon werden sich ihnen neue Türen öffnen. Sie werden gemeinsam lernen: weil sie Paten bei einem Kongress in einem fernen Land auswählen konnten. Ein schöner Gedanke. Er begleitet uns, während wir aufbrechen und reich beschenkt zurückfahren.
 

Bei einer Eröffnungsfeier einer Schule wird gemeinsam ein Kuchen angeschnitten.
Gemeinsames Spielen mit den Kindern im Kreis.

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