Chancelline kann wieder lächeln
„Ich hatte solche Angst, dass sie sterben würde“, sagt Marie-Spes und hält ihre einjährige Tochter Chancelline auf dem Schoss. „Sie hatte Malaria und sie verlor Gewicht. Sogar ihre Haare bekamen eine andere Farbe. Sie waren schwarz und jetzt sind sie grau.“
„Mit zehn Monaten konnte sie schon stehen“, erinnert sich die Mutter, „aber dann entwickelte sie sich nicht mehr weiter. Als ich sie in das Gesundheitszentrum brachte, konnte sie nicht einmal mehr stehen. Zu diesem Zeitpunkt lächelte sie nicht und war sehr passiv“, sagt die 38-Jährige über ihr jüngstes von fünf Kindern.
Die Familie von Marie-Spes ist in einem Teufelskreis gefangen, dem sich tausende Menschen in Burundi stellen müssen: Malaria und Mangelernährung. Zwar hat Marie-Spes einen Garten, in dem sie Süßkartoffeln, Bananen, Mais und Bohnen anbaut, doch er ist zu klein, um ihre Kinder das ganze Jahr über satt zu bekommen. Wenn die Früchte geerntet sind, lagern sie sie vorsichtig und verkaufen die Bananen, um ein wenig Einkommen zu erwirtschaften. Aber nach ein paar kurzen Monaten geht das Gemüse zur Neige und die Familie muss mit einer Mahlzeit am Tag auskommen.
Während dieser knappen Monate versuchen Marie-Spes und ihr Mann Albert etwas Essen auf dem Markt zu kaufen. Das Geld dazu verdienen sie sich mit Gelegenheitsjobs auf den Nachbarfarmen. Aber an manchen Tagen gibt es keine Arbeit, nur Verzweiflung.
Malaria und Mangelernährung haben der Familie bereits ein Kind genommen – den fünfjährigen Gervais. Albert erinnert sich nur zu gut an den vergangenen Mai. „Unser Sohn hatte schon zwei Wochen lang Malaria und sein Zustand wurde immer schlechter. Wir gingen mit ihm ins Gesundheitszentrum, aber es war zu spät. Er starb dort. Wir brachten seine Leiche nach Hause zurück und beerdigten ihn hier“, erzählt der Vater leise.
Beate Niyungeko arbeitet seit 15 Jahren als Krankenschwester. Im nahe gelegenen Gesundheitszentrum sieht sie jeden Tag die Reihen an Kindern, die unter beidem – Malaria und Mangelernährung – leiden. Sie sagt, dass die Unterernährung die Kinder anfälliger für andere Krankheiten macht. „Ihr Körper ist schwach und hat dann keine Kraft, um gegen andere Krankheiten zu kämpfen“, erklärt Beate.
In 2017 wurden in Burundi mehr als 6,4 Millionen Malariafälle registriert – in der Mehrheit Kinder. Saisonbedingte Nahrungsknappheit, wie in der Familie von Albert und Marie-Spes, betrifft etwa 2,6 Millionen Menschen.
Damit die Krise sich nicht verschlechtert, hat World Vision in Gebieten, die am meisten von Malaria betroffen sind, Maßnahmen ergriffen: Mehr als 58.000 Moskitonetze wurden verteilt und 184.000 Häuser mit langanhaltendem Insektizid versorgt. Davon profitieren mehr als 1,1 Millionen Menschen. Um die wachsende Zahl an mangelernährten Kindern einzudämmen, arbeitet World Vision zudem mit den Gesundheitszentren vor Ort zusammen: 17.800 Kinder unter zwei Jahren erhalten jetzt Aufbaunahrung. In Kursen können die Mütter zudem lernen, wie sie mit den auf den lokalen Märkten verfügbaren Lebensmitteln nahrhafte Mahlzeiten zubereiten, die das Wachstum ihrer Kinder unterstützen.
Marie-Spes ist eine der Mütter, die jede Woche in die Klinik kommt, um Aufbaunahrung für ihr Kind zu holen. Chancelline bekommt jetzt täglich eine Ration der nahrhaften Erdnusspaste, die Spurenelemente, Proteine und essenzielle Fettsäuren enthält. Die Mischung schlägt schnell an. „Letzte Woche brachten wir sie das erste Mal her. Seitdem hat sie schon etwas zugenommen und sie sagt Mama und Papa zu uns. Sie lächelt sogar wieder eine bisschen“, erzählt Marie-Spes freudig.