Die Erdbeben, die am 6. Februar 2023 und in den folgenden Tagen die Grenzregion zwischen der Türkei und Syrien erschütterten, haben eine unvorstellbare Verwüstung angerichtet. Allein in Syrien sind fast 9 Millionen Menschen davon betroffen. Dort ist der Bedarf an humanitärer Hilfe jetzt so groß wie nie. Viele Familien stehen vor dem Nichts und müssen in eiskalten Zelten schlafen.
Das berichtet Rami aus dem Norden von Idlib:
„Um 4:20 Uhr wurde ich durch das Schütteln des Hauses aufgeweckt. Ich habe sofort meine Frau geweckt und ihr gesagt, dass sie mit unserer 1-jährigen Tochter rausgehen soll. Danach habe ich versucht, meinen schlafenden Sohn Omar, 6 Jahre, zu retten, bevor die Decke über uns zusammenbricht. Als er draußen war, habe ich auch meinen Sohn Zaid nach draußen gebracht. Es waren draußen 2 Grad Celsius und es regnete. Meine Kinder zitterten – vor Angst und wegen der Kälte. Das Erdbeben dauerte immer noch an. Nach fünf Minuten war es dann vorbei. Wir gingen zurück in die Nähe des Hauses, um uns vor dem Regen zu schützen. Nach zehn Minuten begannen aber ein Nachbeben und wir mussten wieder zurück auf die Straße. Ich hatte nur eine kleine Decke für meine drei Kinder.“
So hilft Ihre Spende
Seit der Bürgerkrieg in Syrien 2011 begann, leistet World Vision humanitäre Hilfe für betroffene Kinder und Familien. Diese Hilfe erreicht sowohl notleidende Menschen in Syrien als auch in den Nachbarländern, darunter Irak, Jordanien und Libanon, sowie auf unsicheren Fluchtwegen. Dank Ihrer Hilfe und unseren Partnern vor Ort konnten wir in den vergangenen zehn Jahren 6,5 Mio. Kindern aus Syrien helfen!
Derzeit werden neue Hilfsprojekte für die Opfer des Erdbebens in die Wege geleitet: Hohe Priorität hat dabei die Bereitstellung von sauberem Trinkwasser und beheizten Unterkünften, um die Gesundheit der Menschen zu schützen. Wir unterstützen auch Basisgesundheitsstationen und arbeiten mit Partnern wie Unicef daran, sichere Orte für Kinder zu schaffen, die angesichts überfüllter Sammelunterkünfte und beschädigter Schulen dringend benötigt werden.
Unsere Maßnahmen werden unter Einhaltung der empfohlenen Sicherheitsstandards umgesetzt oder an diese angepasst. So helfen wir den Menschen vor Ort:

Nahrungsmittel und Wasser
Wir versorgen Kinder mit gesunden Mahlzeiten und verteilen Nahrungsmittel-Gutscheine an die Familien. Außerdem setzen wir zerstörte Wasserleitungen und -tanks instand und konnten so bereits über 55.000 Menschen in acht syrischen Flüchtlingscamps mit sauberem Wasser versorgen.

Medizinische Versorgung
Dank unserer Gesundheitskoordinatoren erhalten die Familien in den Flüchtlingslagern lebenswichtige Schulungen zu den Themen Sanitär und Hygiene. Außerdem leisten wir medizinische Hilfe für tausende Geflüchtete, unter anderem mit zehn mobilen Krankenstationen.

Versorgung mit Alltagsgütern
Zusammen mit Partnern vor Ort haben wir Nothilfepakete mit Decken und Heizöfen an knapp 8.000 Haushalte verteilt. So können sich die Familien vor der eisigen Winterkälte schützen. Außerdem unterstützen wir bei der Instandsetzung ihrer Unterkünfte in den Flüchtlingscamps.

Betreuung und Bildung für Kinder
In Kinderzentren bieten wir geflüchteten Kindern Schutz und Bildungsmöglichkeiten. Jugendliche und Erwachsene erhalten Weiterbildungsmaßnahmen. Im Nordwesten Syriens haben wir elf Kinderschutzzentren eingerichtet, darunter auch Zentren speziell für Frauen und Mädchen.
Viele Kinder haben in ihrem Leben nichts anderes als Krieg erlebt. Sie können Bomben nach dem Klang bestimmen, aber kaum ihren Namen schreiben.

Yasmine trotzt allen Widrigkeiten
Vor sechs Jahren ist die 12-jährige Yasmine mit ihrer Familie vor dem Krieg in Syrien geflohen. Seither hat sie ihr Leben in einem Flüchtlingslager im Libanon verbracht. Es fehlt der Familie an allem, insbesondere Nahrungsmitteln. Die Corona-Pandemie trifft sie zusätzlich, denn in dem überfüllten Flüchtlingscamp ist an Social Distancing gar nicht zu denken. „Seit Monaten konnte ich nicht mehr zur Schule gehen. Ich versuche, zuhause zu lernen – aus dem Zelt komme ich kaum noch“, erzählt Yasmine traurig. In Schulungen von World Vision hat sie gelernt, wie sie sich vor dem Virus schützen kann. „Ich erkläre meinen Geschwistern, dass wir Abstand halten, Masken tragen und uns ständig die Hände waschen müssen.“ Die Hoffnung gibt sie nicht auf: „Ich hoffe, dass ich meine Freunde schon bald wiedersehen kann.“
12 Jahre Syrienkrieg: Unendliches Leid für Millionen Kinder

Die Syrienkrise gehört zu den größten humanitären Katastrophen unserer Zeit. Das Leid der Menschen macht sprachlos: Nach 12 Jahren anhaltender Kämpfe und wirtschaftlichen Niedergangs leben Millionen Menschen dort in extremer Armut. Rund die Hälfte der Bevölkerung kann sich laut UN-Welternährungsprogramm nicht mehr ausreichend ernähren. Syrien ist heute auch das Land mit den meisten Binnenflüchtlingen: Mehr als 6 Millionen Menschen sind innerhalb des Landes auf der Flucht und mussten alles zurücklassen. Von den 6,4 Millionen Kindern, die heute noch in Syrien leben, gehen mehr als 2 Millionen nicht mehr zur Schule. äÜber Nothilfen hinausgehende und längerfristige Programme sind dringend notwendig, um diesen Kindern eine Perspektive zu geben.
Die Gewalt des Krieges hinterlässt bei Kindern tiefe Wunden: Sie haben ihr zuhause verloren, viele wurden von ihren Familien getrennt. Drei Millionen Kinder haben derzeit keinen Zugang zu Bildung. Sie sind durch das Erlebte zutiefst verstört und brauchen dringend psychosoziale Betreuung, um die Gewalterfahrung und Traumata aufzuarbeiten. In Kontexten wie diesen, zusätzlich verstärkt durch die Corona-Pandemie, nehmen Kinderarbeit, sexuelle Gewalt und Kindesheirat massiv zu. Besonders die Frühverheiratung von Mädchen hat im vergangenen Jahr einen dramatischen Höchststand erreicht. „Wir dürfen nicht zulassen, dass Kinder in diesem Kreislauf der Gewalt gefangen bleiben“, appelliert Christoph Hilligen, Vorstand von World Vision Deutschland.
World Vision Deutschland e.V. ist Mitglied im Bündnis deutscher Hilfsorganisationen „Aktion Deutschland hilft", das ebenfalls zu Spenden für die geflüchteten Menschen aufruft.