Gesundheit für alle

Nicht nur schöne Worte, sondern Handeln ist gefragt!

Heute fand in Berlin eine internationale Konferenz zu Globaler Gesundheit statt. Hochrangige Politikvertreter und Experten aus Deutschland und International kamen zusammen, und sprachen darüber, was getan werden muss, damit bis 2030 alle Menschen Zugang zu ausreichender Gesundheitsversorgung erhalten. Auf dem Prüfstand stand dabei auch das deutsche Engagement: Sind die aufgelegten Programme zur Gesundheitsförderung effektiv genug? Wie sieht es mit dem finanziellen Beitrag seitens der Bundesregierung aus?

Ausgerichtet wurde die Konferenz „Leaving no one behind in global health“ (Niemanden zurücklassen) von VENRO, dem deutschen Dachverband entwicklungspolitischer Nichtregierungsorganisationen. World Vision, als ein Mitglied von VENRO und Mitorganisator der Konferenz, lud seinen Gesundheitsexperten Dr. Mesfin Teklu Tessema als Sprecher ein, der sich seit über 20 Jahren um die Gesundheit und Ernährung von Müttern und Kleinkindern in Notsituationen und Krisenregionen kümmert. Als ehemals praktizierender Arzt in Äthiopien kennt er die Problematiken unzureichender Gesundheitssysteme leider nur zu gut aus eigener Erfahrung. Dr. Tessema betonte in seinem Vortrag, wie dringend notwendig eine bessere Förderung der Mutter-Kindgesundheit in armen Ländern ist. Denn wolle man nun bei der Umsetzung der vor einem Jahr von den Vereinten Nationen beschlossen Nachhaltigkeitsziele (SDGs) im Rahmen der Agenda 2030 wirklich niemanden mehr zurücklassen – ein erklärtes Ziel der Agenda –müssten die richtigen Lehren aus der Vergangenheit gezogen und schnell konkrete Maßnahmen ergriffen werden. Bezogen auf die Millenniumentwicklungsziele, die eigentlich bis zum Jahr 2015 hätten erreicht werden sollen, waren vor allem Frauen und Kinder die größten Verlierer. Hochrangigen Besuch gab es zudem aus der Ferne per Videobotschaft von David Navarro, dem UN Sonderbeauftragten für die UN Nachhaltigkeitsziele. „Wenn die Menschen nicht gesund sind, nützen die besten Nachhaltigkeitsziele nichts!"

Auch Staatsekretär Silberhorn sprach bei der Konferenz
Viele interessante Ansätze wurden ausgetauscht

Auch Staatssekretär Silberhorn sprach bei der Konferenz (siehe Foto oben) und unterstrich, dass für Deutschland die Förderung von globaler Gesundheit ein großes Anliegen ist. Vieles habe man bereits auf den Weg bringen können, wie beispielsweise eine deutliche Erhöhung der finanziellen Beiträge für die Globale Impfallianz (GAVI). Deutschland habe sich zudem dafür eingesetzt, dass Gesundheitsförderung als prioritäres Thema auf der politischen Agenda bleibt, wie beim G7 Gipfel 2015 in Elmau, oder beim kommenden G20 Gipfel in Hamburg. Des Weiteren werde das Bundesentwicklungsministerium ein neues Programm zur Förderung von Gesundheitssystemen – als Lehre aus der Ebola Krise – auflegen.

Doch ist die Politik wirklich auf dem richtigen Weg? Ein Jahr nach der Verabschiedung der Agenda 2030 zogen die Experten mit der heutigen Konferenz eine erste Bilanz: Reichen die Pläne und Maßnahmen aus, damit allen Menschen gleichermaßen ausreichend Zugang zu Gesundheitsversorgung erhalten können? Was tut die internationale Gemeinschaft und was tut Deutschland, um das Ziel zu erreichen?

Deutlich wurde dabei vor allem eins: es ist zwar schon einiges getan worden und die Weichen sind in die richtige Richtung gestellt. Aber man darf jetzt nicht nachlassen und an vielen Stellen muss dringend  nachgebessert werden. So zeigten sich zivilgesellschaftliche Vertreter enttäuscht über den Deutschen Beitrag zum Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria (GFATM). Denn die kürzlich von Entwicklungsminister Müller angekündigten 800 Millionen Euro für den Zeitraum 2017 bis 2019 sind genau betrachtet kein wirklicher Aufwuchs und bleiben weit hinter den von zivilgessellschaftlicher Seite geforderten 1,2 Milliarden Euro zurück. Und zieht man von den 800 Millionen Euro auch noch den Schuldenerlass und alte, noch nicht erfüllte Zusagen ab, bleibt unterm Strich nur ein Plus von kläglichen 25 Millionen Euro. Nachgebessert werden muss auch bei der langfristigen Stärkung von Gesundheitssystemen. Die Jahrzehnte alte Zusage, mindestens 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens für Entwicklungszusammenarbeit aufzuwenden und 0,1 Prozent für Gesundheit, wurde von Deutschland noch nie eingehalten. Derzeit gibt Deutschland gerade mal 0,52 Prozent seines BNE für Entwicklungshilfe aus und will zudem die in Deutschland verursachten Flüchtlingskosten als Entwicklungshilfe verbuchen. So erhielt die weltweit viertgrößte Wirtschaftsmacht Deutschland 2015 mehr Entwicklungshilfe als das viel ärmere Äthiopien (3,51  versus 3,29 Milliarden. US-Dollar)! 

Die Botschaft des UN-Sonderbeauftragte David Navarro auf der Konferenz

David Navarro über Gesundheit

Eine klare Botschaft ging an die Bundesregierung auch hinsichtlich des G20 Gipfels in Hamburg im nächsten Jahr:

Deutschland hat mit seiner G20-Präsidentschaft die Möglichkeit, die entwicklungspolitische Arbeit der G20 zu reformieren und an die neuen Herausforderungen der Agenda 2030 anzupassen. Gesundheit sollte auch bei künftigen Gipfeln als prioritär auf die Agenda gesetzt werden. Deutschland sollte sich darüber hinaus auch dafür einsetzten, dass zivilgesellschaftliche Beteiligung an politischen Entscheidungsprozessen auch in anderen Ländern gewährleistet ist. Echte Demokratie erfordert echte Teilhabe! Doch weltweit werden durch staatliche Maßnahmen zunehmend die Handlungsspielräume von Zivilgesellschaft eingeschränkt. Die G20 Staaten sollten sich daher auch der Frage nach der Erfüllung menschenrechtlicher und demokratischer Prinzipien sowie der zivilgesellschaftlichen Partizipation widmen. Bisher findet sich dieses Thema nicht auf der Agenda der G20.

Als Fazit der heutigen Konferenz lässt sich also sagen: Globale Gesundheitspolitik muss partizipativ ausgestaltet sein, und es bedarf einer ausreichenden Finanzierung, effektiver Instrumente und langfristiger Strukturen. Denn Gesundheit ist mehr als Krisenmanagement: Jeder Mensch hat ein Recht auf Gesundheit!