A Brighter Future

Flüchtlinge in Uganda malen ihre Zukunft

Südsudan - der jüngste Staat der Erde und insbesondere seine jüngsten Bewohner leiden unter einem blutigen Bürgerkrieg. Rund 900.000 Menschen sind seit 2013 aus dem Südsudan geflohen und haben in Uganda Schutz gefunden, einem Land mit einer der fortschrittlichsten Regelungen für Flüchtlinge weltweit.

Uganda hat sich entschlossen, seine Grenzen zu öffnen und erteilt den geflohenen Familien Landrechte. Sie dürfen Geschäfte eröffnen und betreiben, zudem haben sie Zugang zum Gesundheits- und Bildungssystem. Nur 15 Prozent der Kosten für die Versorgung der Geflohenen sind gedeckt. Als Konsequenz wurden die Nahrungsrationen reduziert und Kinder sind einer wachsenden Gefahr von Ausbeutung und Gewalt ausgesetzt.

Vor der Aktion war die Schule im Lager grau
Nach der Aktion ist die Schule im Lager bunt

Bidibidi, im Norden des Landes gelegen, ist eines der größten Flüchtlingssiedlungen weltweit. 68 Prozent der Bewohner sind Kinder und viele unter ihnen haben Angst und sind allein. Alle haben entweder Gewalt gesehen oder sie selber erfahren. 

Apartial, eine Online-Künstlergemeinschaft, hat zusammen mit World Vision begonnen, den geflüchteten Kindern eine Stimme zu geben. Durch die Reproduktion von Arbeiten von international renommierten Künstlern wie Maser, Herakut, JR, Seth, Candy Chang und Sandra Chevrier sollen die geflüchteten Kinder die Möglichkeit erhalten, ihre Erlebnisse auszudrücken.

Das Projekt hat diesen Ort verändert und Farbe und Hoffnung gebracht.

Das größte Flüchtlingslager der Welt
Die hellen Farben zeigen uns, wie hell unsere Zukunft sein kann.
Margaret, 16 Jahre
898.100 Südsudanesen mussten nach Uganda fliehen

Südsudanesen mussten nach Uganda fliehen.

59% davon sind Kinder

davon sind Kinder.

100 unbegleitete Kinder kommen täglich über die Grenze

unbegleitete Kinder kommen täglich über die Grenze.

Lina, 16 Jahre

Die 16-jährige Lina hat ein Selbstportrait im Stil der kanadischen Künstlerin Sandra Chevrier gemalt.

Als die Gewalt in Südsudans Hauptstadt Juba eskalierte, entschlossen sich Lina und ihr Vater zur Flucht. Am darauffolgenden Morgen stand Lina auf und begann ihre Tasche zu packen. Weil sie dachte, ihr Vater hätte verschlafen, ging sie in sein Schlafzimmer, um ihn zu wecken. Das Zimmer war auf den Kopf gestellt worden und der Körper ihres Vater hing von dem Dachbalken.

Lina malt ihr Bild
Lina vor ihrem fertigen Bild

Ein Nachbar half Lina, einen Bus in das Flüchtlingscamp Bidibidi in Uganda zu nehmen. Seit August wohnt sie hier ganz allein. Rund 900.000 Südsudanesen haben seit Dezember 2013 in Uganda Schutz gesucht, davon sind 59 Prozent Kinder. Viele von ihnen sind wie Lina allein. „Das Leben ist schwer. Ich bin ganz allein. Zu zweit wäre es ertragbar, aber ich bin allein. Ich möchte lernen, aber wenn ich an die Vergangenheit denke, habe ich Angst.”

Lina fühlte sich gleich von der Kunst von Sandra Chevrier angesprochen und wandte die gleiche Technik an, um ihr Selbstportrait zu erstellen.

Ich mag mein Bild sehr. Während ich daran gearbeitet habe, konnte ich die Vergangenheit vergessen.
Lina, 16

Zuerst wurde ein Portraitfoto von Lina gemacht und auf eine Wand projiziert. So entstanden die Umrisse ihres Potraits. Unter der Anleitung von Apartial malte sie weibliche Superhelden über ihre Umrisse. „Ich mag das Bild so sehr, deshalb wollte ich es selbst machen. Während der Arbeit habe ich mich so glücklich gefühlt und nicht mehr an die Vergangenheit gedacht."

Lina träumt davon, mit ihrem einzigen noch lebenden Verwandten zusammen zu sein- ihrem Bruder Judith. Er lebt mittlerweile in den Vereinigten Staaten. „Er war sehr gut in der Schule und erhielt ein Stipendium in Kampala. Wegen seiner guten Leistungen begann eine Amerikanerin ihn zu fördern. Ich habe leider seine Telefonnummer und seine Email-Adresse auf der Flucht verloren.”

Lina ist 16 Jahre alt.

Lina ist 16 Jahre alt.

Sie malt ein Selbstportrait im Stil der kanadischen Künstlerin Sandra Chevrier.

Sie malt ein Selbstportrait im Stil der kanadischen Künstlerin Sandra Chevrier.

Lina bespricht ihr Kunstwerk mit dem französischen Künstler JR.

Lina bespricht ihr Kunstwerk mit dem französischen Künstler JR.

John, 12 Jahre

Der 12-jährige John ist fest entschlossen, eines Tages Präsident seines Landes zu werden. Er hat an einem Bild eines Jungen, der in eine bessere Zukunft blickt, gearbeitet, ein Motiv des französischen Künstlers Seth. John ist ein ernster Junge, der nur lacht, wenn er etwas wirklich lustig findet und der nur spricht, wenn er etwas zu sagen hat.

John hat sein Bild vorbereitet
John mit seinem Bild

Er lebt ganz alleine seit August in Bidibidi. Als die Kämpfe in seinem Dorf ausbrachen, floh seine Familie Hals über Kopf. In dem Chaos der Flucht verlor er seine drei Geschwister und seine Eltern. „Ich musste über Leichen steigen. Autos brannten, es fielen Schüsse. Ich lief um mein Leben. Ich weiß nicht, wer dafür verantwortlich war oder warum sie es taten. Kinder wurden verletzt und bluteten. Manchen wurden Gliedmaßen abgetrennt. Ich konnte nicht mitzählen, so viele wurden geschlachtet. Manchmal erscheinen sie in meinen Träumen.”

Ich musste über Leichen steigen. Autos brannten, es fielen Schüsse. Ich lief um mein Leben.
John, 12 Jahre

John sprang auf einen Bus nach Uganda. Er weiß nicht, ob seine Familie noch am Leben ist. Die Schule und der Fußball lenken ihn ab. „Nur wenn ich abends in mein Zelt zurück komme und allein bin, fühle ich mich traurig und frage mich, wo sie sind.”

John ist zwölf Jahre alt.

John ist zwölf Jahre alt.

Er arbeiten an einem Bild eines Jungen, der in eine bessere Zukunft blickt.

Er malt das Bild eines Jungen, der in eine bessere Zukunft blickt.

Gemeinsam mit dem Künstler Seth bespricht er sein Gemälde.

Gemeinsam mit dem Künstler Seth bespricht er sein Gemälde.

Mit Schule und Fußball versucht John, sich abzulenken.

Mit Schule und Fußball versucht John, sich abzulenken.

Wenn man ihn fragt was er sich für seine Zukunft wünscht, antwortet John voller Überzeugung, dass er Südsudans Präsident werden will. Er hat bereits genaue Vorstellungen über seine Politik. „Die Menschen sollen sich als Brüder und Schwestern annehmen. Wenn sie Streit haben, sollen sie diskutieren und so eine Lösung finden. Ich würde dafür sorgen, dass jedes Kind eine Mahlzeit in der Schule erhält, denn ohne Essen kann man nicht lernen. Außerdem müssen die Eltern ihre Töchter zur Schule schicken. Die Söhne werden im Südsudan bevorzugt und das ist nicht richtig. Mädchen verdienen die gleichen Rechte wie Jungen.” Ebenfalls möchte er die Infrastruktur in den ländlichen Regionen verbessern, um die Wirtschaft anzukurbeln.

Viola, 16 Jahre

Mit 16 Jahren ist Viola bereits Ehefrau und Mutter. Der Konflikt im Südsudan zwang sie viel zu früh erwachsen zu werden. Violas Eltern waren auf dem Weg in die Stadt, als sie mit Macheten angegriffen und getötet wurden. Ein Passant hat das Telefon des Vaters an sich genommen und die Familie informiert.

Viola arbeitet an ihrem Bild
Viola mit ihrer Tochter vor ihrem Bild

Viola ist die Älteste von vier Kindern. Ihr jüngster Bruder war erst 18 Monate alt, als die Eltern ums Leben kamen. Viola erinnert sich, wie er sich an den Körper der toten Mutter klammerte, als sie beerdigt wurde. „Er wollte nicht , dass sie allein unter der Erde liegt." Viola übernahm die Verantwortung für ihre Geschwister. Als ein 20-jähriger Mann um ihre Hand anhielt und versprach, ihrem Onkel Geld für die Pflege ihrer Geschwister zu geben, hatte Viola keine andere Wahl.

Ich bete immer, dass meine Tochter nicht krank wird.
Viola, 16 Jahre

Ihre Eltern hätten einer so frühen Hochzeit nie zugestimmt. „Sie hatten mich so lieb und sagten immer: Du bist so jung. Geh und lerne, damit du jemand wirst, der die Zukunft verändern kann. Mein Traum war es Ärztin zu werden!” Viola war fast im neunten Monat schwanger, als sie sich mit ihrem Mann dazu entschloss, ihre Heimatstadt Yei zu verlassen. „Ich habe vieles mit ansehen müssen. Die Menschen haben vor Nichts halt gemacht. Sie töteten Lahme, Alte, Kinder und sogar Schwangere.” Baby Mary wurde im September nur kurz nach der Ankunft im Flüchtlingscamp Bidibidi ohne die Hilfe von anderen geboren.

Viola ist 16 Jahre alt.

Viola ist 16 Jahre alt.

Sie arbeitet an einem Bild der deutschen Künstler Herakut.

Sie arbeitet an einem Bild der deutschen Künstler Herakut.

Viola musste viel zu schnell erwachsen werden.

Viola musste viel zu schnell erwachsen werden.

Die 16-jährige ist schon Mutter und Ehefrau.

Die 16-jährige ist schon Mutter und Ehefrau.

Ihr Mann konnte sich nicht an das Leben in Bidibidi gewöhnen. Im Februar verließ er sie, um in den Südsudan zurückzukehren. Er versprach ihr Geld zu schicken. Seitdem hörte sie nichts mehr von ihm. So ist sie gezwungen die Hälfte ihrer Nahrungsmittelrationen zu verkaufen, um für ihr Baby sorgen zu können. Dadurch muss sie 15 Tage hungern, bis sie wieder Lebensmittel erhält.

„Ich fühle mich hier sicher, weil hier nicht geschossen wird, aber die Bedingungen sind so furchtbar. Meine größte Angst ist krank zu werden. Ich habe ja niemanden, der helfen kann, wenn Mary erkrankt. Ich bete immer, dass sie nicht krank wird.” Viola hat das Bild ’You Might Be Raising The World’s Next King’ des deutschen Künstlerpaares Herakut neu interpretiert.

Wir schützen Kinder vor Gewalt

Jeden Tag überqueren laut Schätzungen von World Vision 100 Kinder alleine die Grenze vom Südsudan nach Uganda. Aber nur weil sie es geschafft haben, dem Krieg zu entfliehen, sind sie noch lange nicht in Sicherheit. Die Mitarbeiter vor Ort berichten, dass Frühverheiratungen zunehmen. Mädchen sehen es oft als einziges Mittel um zu überleben.

Um die unbegleiteten Kinder davor zu schützen und zu verhindern, dass sie jeglicher Gewalt ausgesetzt werden, organisierte World Vision Übergangspflegeeltern. Bislang konnten 2700 Kinder in passende Flüchtlingsfamilien vermittelt werden, die sich bereit erklärt haben, für die Kinder zu sorgen. Zusätzlich wurden insgesamt 26 Kinder-Schutzzentren für 52.000 Kindern in drei Flüchtlingslagern errichtet. Hier können die Kinder spielen, werden betreut, erhalten psychosoziale Unterstützung und können von Gewalt gegen sich berichten. Gefährdete Kinder werden dort geschützt.

Ebenso hat World Vision 13.500 Kinder als Streitschlichter ausgebildet und einen Zugang zur DigiSchule errichtet, einem tragbaren solarbetriebenen Projektor, der es ihnen ermöglicht zu lernen. Die Kinder können offline Wikipedia und Videos mit Tipps zu Sicherheit und Frieden benutzen.

Wir schützen Kinder vor Gewalt